Samstag, 27. Juli 2013 (Sonne, blauer Himmel, 36 Grad, sehr heißer Sommertag), Region Mainfranken, 10.30 bis 14 Uhr
Um 6.30 Uhr ist Abfahrt Richtung Würzburg in das Mainfranken-Gebiet. Weil Wolfgang von der Ornigruppe des LBV München im Frühjahr beim Artenhilfsprogramm Wiesenweihe mitgeholfen hat, bekam er eine Einladung, dass er bei einer Beringung zusehen darf. So sind wir nun zu dritt unterwegs nach Nordbayern. Das Artenhilfsprogramm Wiesenweihe ist eine Erfolgsgeschichte. Die Wiesenweihen brüteten früher in feuchten Wiesen, Niederungen, Mooren oder Streuwiesen. Da diese Lebensräume im Laufe der Jahre trockengelegt wurden, hat der Bestand der Wiesenweihen ab Mitte des 20. Jahrhunderts drastisch abgenommen. In den 1980er Jahren gab es nur noch wenige Brutpaare in Bayern. Einige Jahre später wurde aber beobachtet, dass die Wiesenweihe in Getreidefeldern brütet. Allerdings sind diese Bruten durch das mittlerweile frühe Mähen bedroht. In dieser Zeit sind die Jungvögel noch nicht flügge und gegen einen Mähdrescher haben sie keine Chance.
1999 war Start des Artenhilfsprogramms. Seitdem arbeiten viele ehrenamtliche Vogelschützer des LBV Bayern, Landwirte und Behörden gemeinsam daran, die Bruten der Wiesenweihen zu erfassen, zu schützen und das Konzept weiter zu entwickeln. Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) ist Träger des Artenhilfprogramms, die finanziellen Mittel kommen vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StmUG) und die fachliche Leitung liegt beim Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU). Für die Koordination ist Claudia Pürckhauer zuständig.
An unserem Treffpunkt warten bereits Claudia Pürckhauer und einige weitere Teilnehmer der Exkursion auf uns. Wir fahren zum ersten Beobachtungsplatz, der zwischen Wiesen, Getreidefeldern, Hecken und Maisfeldern liegt. Wir sehen eine weibliche Wiesenweihe und einen Jungvogel fliegen. Die Wiesenweihen sind schlanke, leichte Greifvögel, die Flügel und der Schwanz sind lang und schmal. Die Geschlechter unterscheiden sich nicht nur vom Gewicht, sondern auch vom Aussehen her sehr stark. Das Männchen (Bild) wiegt 280 Gramm, ist blaugrau, hat schwarze Flügelspitzen und schwarze Streifen auf den Flügeln. Das Weibchen wiegt 340 Gramm, ist braun, hat einen weißen Bürzel und die Flügel weisen eine dunkle Querbänderung auf. Das Männchen ähnelt stark der Kornweihe, die allerdings bei uns nur in den Wintermonaten zu beobachten ist. Zu dieser Zeit lebt die Wiesenweihe in Westafrika, südlich der Sahara. Das Wiesenweihen-Weibchen kann leicht mit der Rohrweihe verwechselt werden. Allerdings ist diese viel kräftiger und hat einen cremefarbenen Kopf.
Mittlerweile sind wir an unserem zweiten Beobachtungsplatz angekommen, wo die Jungvögel beringt werden. Vor uns liegt ein beinahe abgeerntetes Getreidefeld. In einem kleinen Rest-Getreidefeld hat der Landwirt, der zu uns gestoßen ist, ein kleines Stück Getreide stehen lassen, wo die Wiesenweihen im Schutz der Getreidehalme ihre Jungen großziehen können. Über uns sehen wir diesmal eine männliche Wiesenweihe fliegen. In baumwollenen Taschen werden die drei Wiesenweihen-Jungvögel (Bilder) zu uns an den Feldrand gebracht. Sie sind ungefähr 20 bis 26 Tage alt, haben noch Dunen am Gefieder, aber die ersten braunen Federn sind schon zu sehen. Nach ca. 32 Tagen sind die Vögel flugfähig. Es sind insgesamt drei Jungvögel, zwei Weibchen und ein Männchen. Claudia Pürckhauer erkennt die Weibchen an der braunen Iris und die Männchen an der schwarz-grauen Iris. Ein adulter Vogel hat eine gelbe Iris. Die Jungen werden gewogen und die Schwanzlänge gemessen. Alle drei haben für ihr Alter zu wenig Gewicht, was mit der ungünstigen Witterung und dem schlechten Nahrungsangebot im Frühjahr zu tun hat. Danach wird für ein Blutuntersuchung etwas Blut abgenommen und zwei werden mit einer Flügelmarke versehen. Damit ist es möglich, auch aus großer Entfernung, abzulesen in welchem Jahr und wo der Vogel beringt wurde. 2012 brüteten 195 Brutpaare in Bayern. Die Wiesenweihen sind sehr mobil und wurden auch schon in Frankreich gesichtet. Die drei Kleinen werden dann vorsichtig in die Taschen gesteckt und wieder an ihren Platz zurückgebracht. Für mich war es ein super Erlebnis, die kleinen Greifvögel aus der Nähe zu sehen.
Das Projekt benötigt auch weiterhin unsere Hilfe. Wer gerne mitarbeiten möchte, kann sich gerne an den LBV (info@lbv.de) wenden. Mehr zum Artenhilfsprogramm beim >> LBV oder beim >> Bayerischen Landesamt für Umwelt. Unter dem Punkt >> Beobachtungen melden finden Sie Meldeadressen.