Temminckstrandläufer und Kleinspecht bei Plattling

Sonntag, 5. Mai 2013 (anfangs bedeckt, Sonne, wenig Wind, 20 Grad, superschöner Frühlingstag), Plattling und Isarmündung, 10 bis 17 Uhr
Es geht wieder einmal zu den Klärteichen der Südzucker-Fabrik in Plattling, auch bekannt als »Zuckerteiche«. Und da ich an Landshut vorbeifahre, bekomme ich mit Helmut auch wieder eine fachkundige Begleitung. Das kleine, manchmal auch etwas schlecht riechende Areal hält immer wieder Überraschungen bereit. Unser erster Beobachtungspunkt ist der kleine See, auf dem sich ein Spießenten-Pärchen und einige Löffelenten aufhalten. Eine Ente fällt durch ihren hellblau leuchtenden Schnabel besonders auf: eine Schwarzkopf-Ruderente (Bild). Sie ist bei uns nicht oft zu sehen, deshalb wird sie auch bei der »Dokumentationsstelle für seltene Vogelarten« gemeldet. Nicht, weil sie geschützt werden muss, sondern weil sie mit der europäischen Art, der Weißkopf-Ruderente – einem der seltensten Brutvögel Europas –, hybridisiert und damit ihren Bestand gefährdet. Die Schwarzkopf-Ruderente kommt ursprünglich aus Amerika, in England wurde sie als Ziervogel gehalten und konnte sich dann als Gefangenschaftsflüchtling stark vermehren.

Während ich noch die ungewöhnliche Ente bewundere, nehme ich das Singen und Trällern um uns herum wahr. Alle vier Rohrsängerarten sind in dem Gebiet zu hören und manche auch zu sehen. Ich kann endlich einmal einen Schilfrohrsänger (Bild) beobachten, wie er kunstfertig zwischen den Stängeln herumklettert. Und lerne auch gleich, dass der Schilfrohrsänger an dem hellen Überaugenstreif zu erkennen ist. Den Drosselrohrsänger (Bild) kann man anhand seines großen drosselartigen Schnabels und seines lauten und rauhen Gesangs bestimmen (Tonbeispiel > Avisoft Bioacoustics). Teichrohrsänger und Sumpfrohrsänger sind vom Aussehen her kaum zu unterscheiden. Anhand des Gesanges und des Lebensraumes schaffen es geübte Vogelbeobachter, beide Arten zu unterscheiden. Einen Rohrsänger (Bild) habe ich fotografiert, aber ich kann mich nicht mehr an den Gesang erinnern. Wer kann ihn bestimmen?
Um Teichrohrsänger und Sumpfrohrsänger zu unterscheiden, wage ich einen sehr vereinfachten Vergleich. Teichrohrsänger leben überwiegend im Schilf und haben einen schwätzenden, in gemächlichem Tempo vorgetragenen Gesang (Tonbeispiel > Avisoft Bioacoustics). Sumpfrohrsänger halten sich gerne im dichten Gebüsch aus Brennnesseln und Mädesüß auf, ihr Gesang ist schneller und gespickt mit vielen Imitationen anderer Singvögel (Tonbeispiel > Avisoft Bioacoustics). Ich hoffe, dass ich bei weiteren Beobachtungen noch bessere Unterscheidungsmerkmale finde.
Wir stehen am Rand eines abgelassenen und stillgelegten Teiches und gucken auf die üppig wachsenden Brennesseln. Ich bin überwältigt bzw. auch ziemlich überfordert von den vielen verschiedenen Gesängen. Dann vernimmt Helmut einen ganz speziellen Ruf. Es dauert etwas länger, bis auch mir klar ist, dass das etwas Besonderes ist. Es ist ein »Crex crex«, ein Wachtelkönig. Wir sehen, wie sich in den Brennesseln etwas bewegt, dann folgt der Ruf, schließlich wieder das Zittern der Blätter. Helmut erspäht den Vogel flüchtig. Dann wieder Stille, Rufe. Plötzlich fliegt er ein kurzes Stück. Wir beide haben den Wachtelkönig gesehen – ein kleines braunes Hühnchen. Wow! Ich muss noch erwähnen, der Vogel ist so gut wie nie zu sehen, Nachweise werden meistens nur über den typischen Ruf erbracht.

Der nächste Teich – die »Blaukehlchen-Grube« – ist anscheinend schon länger nicht mehr in Betrieb. Es hat sich ein kleines Biotop entwickelt mit Nassflächen, Schilf und jungen Weidenbäumchen. Natürlich gibt es auch heute ein Blaukehlchen zu sehen. Aber auch zwei Neuntöter (Bilder), ein Männchen und ein Weibchen sitzen schön frei im Schilf bzw. auf einem Ast.
In anderen Gruben schaut es ziemlich karg und öde aus. Das Wasser ist abgelassen worden. Zwischen großen Erdbergen, die von einem Bagger erst kürzlich abgetragen worden sind, fühlen sich Steinschmätzer anscheinend sehr wohl. Im bewachsenen Randbereich der Grube zählen wir zehn Braunkehlchen, die von Stängel zu Stängel fliegen. Der nächste Blick in eine »leere« Grube mit einigen größeren Regenpfützen und ein bisschen Grün erbringt zunächst nichts. Aber es lohnt ein zweiter Blick, denn das flache Wasser und der Schlamm sind für Limikolen überaus anziehend. Zwei Kampfläufer (einer davon im Bild) und ein Bruchwasserläufer (Bild) halten sich hier auf, stetig mit Nahrungsaufnahme beschäftigt. Weiter entfernt machen wir noch zwei kleinere Limikolen aus. Es sind Temminckstrandläufer (Bilder), die gar nicht scheu sind, als wir näher kommen. Die kleinen Watvögel sind Durchzügler auf dem Weg von Afrika in ihre Brutgebiete im Norden Europas und im Schlichtkleid sehr leicht mit Zwergstrandläufern zu verwechseln. Ich bin wieder einmal begeistert von diesem kleinen Fleckchen und der Vogelvielfalt, obwohl es sich hier weder um ein Naturschutzgebiet noch um ein geschütztes Biotop, sondern »nur« um industriell genutztes Gelände handelt.

Und weil wir schon so nahe an der Isar sind, fahren wir noch zum »Infohaus Isarmündung« und laufen über die Dämme entlang einiger Altwasserarme. Vor zwei Jahren habe ich hier viele Limikolen beobachten können, aber heute ist der Wasserstand zu hoch und die Schlickflächen fehlen. Doch gibt es in dieser Auenlandschaft sicher einen Pirol, den ich gerne einmal sehen möchte. Leider zeigt er sich nicht, dafür entdecken wir einen Kleinspecht (Bilder) und einen Neuntöter (Bild). Und ich höre zum ersten Mal einen Schlagschwirl, dessen Gesang sich wie eine Nähmaschine anhört.

Vogeltagesliste Zuckerteiche Plattling: Zwergtaucher, Graugans, Stockente, Schnatterente, Spießente, Löffelente, Knäkente, Tafelente, Reiherente, Schwarzkopf-Ruderente (persönliche Erstsichtung), Wachtelkönig, Fasan, Teichhuhn, Blässhuhn, Kiebitz, Temminckstrandläufer (2), Bruchwasserläufer (10), Kampfläufer (2), Lachmöwe, Kuckuck, Mauersegler, Rauchschwalbe, Bachstelze, Blaukehlchen (mind. 2), Steinschmätzer (ca. 5), Braunkehlchen (ca. 10), Amsel, Mönchsgrasmücke, Dorngrasmücke, Schilfrohrsänger (ca. 2), Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Drosselrohrsänger, Gelbspötter, Waldlaubsänger, Zilpzalp, Neuntöter (2-3), Dohle, Rohrammer
Vogeltagesliste Altwasser bei der Isarmündung: Kormoran, Höckerschwan, Graugans, Stockente, Schnatterente, Knäkente, Turmfalke, Kuckuck, Kleinspecht (2), Braunkehlchen (ca. 15), Gartengrasmücke (singend), Feldschwirl, Schlagschwirl, Trauerschnäpper, Neuntöter, Kernbeißer, Drosselrohrsänger

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Schwarzkopf-Ruderente, Plattling, Mai 2013
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Schilfrohrsänger, Plattling, Mai 2013
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Drosselrohrsänger, Plattling, Mai 2013
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Unbestimmter Rohrsänger, Plattling, Mai 2013
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Neuntöter-Männchen, Plattling, Mai 2013
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Neuntöter-Weibchen (vorne), Drosselrohrsänger (hinten), Plattling, Mai 2013
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Kampfläufer (hinten), Bruchwasserläufer (vorne), Plattling, Mai 2013
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Bruchwasserläufer, Plattling, Mai 2013
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Temminckstrandläufer (hinten), Bruchwasserläufer (vorne), Plattling, Mai 2013
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Temminckstrandläufer, Plattling, Mai 2013
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Kleinspecht, Isarmündung, Mai 2013
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Kleinspecht, Isarmündung, Mai 2013
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Neuntöter, Isarmündung, Mai 2013

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