Freitag, 1. Juni 2018, Schlammvulkan bei Besh Bermak, 10 bis 11 Uhr; Gobustan-Nationalpark, 13.30 bis 15.15 Uhr; Shirvan-Nationalpark, 17 bis 20 Uhr; 13 bis 27 Grad, sonnig, heiß, ab Mittag windig
Heute verlassen wir den Großen Kaukasus und reisen in tiefer gelegene Gebiete. Unser Ziel ist der Shirvan-Nationalpark, der ungefähr 100 Kilometer südlich von Baku liegt. Von Nazli Bulaq bis dorthin haben wir insgesamt ca. 270 Kilometer Fahrt vor uns. Gegen 7 Uhr geht es los. Wir halten verschiedentlich in den Laub- und Mischwäldern entlang der Straße, um den Halbringschnäpper zu suchen. Wir finden ihn leider nicht, dafür sehe ich aber zum ersten Mal einen Zwergschnäpper. Den gibt es zwar auch in Deutschland, aber da ist mir noch keine Sichtung gelungen. Nachdem wir die Berge hinter uns gelassen haben, fahren wir Richtung Baku. Beim »Fünffinger-Berg« Besh Bermak machen wir einen kurzen Stopp, um uns eine touristische Attraktion Aserbaidschans, einen Schlammvulkan (Bild), einmal genauer anzuschauen. Obwohl dickflüssiger, schwarzer Schlamm aus dem Kegel blubbert, können wir sehr nahe herangehen. Mehr Infos zu den Schlammvulkanen > Wikipedia. Im Gelände um den Schlammvulkan entdecken wir Brachpieper, Bienenfresser und Steinkauz, um nur einige zu nennen. Und auch eine perfekt getarnte Heuschrecke (Bild). Über uns zieht ein Trupp Wespenbussarde hinweg. Jedes Jahr finden hier von August bis Dezember umfassende Vogelzugzählungen statt. Weil Vögel nicht gerne über Gebirge und Meere fliegen, nehmen sie u.a. diese Route zwischen dem Großen Kaukasus und dem Kaspischen Meer. Speziell Kleinvögel werden an dieser Engstelle gesichtet. Ergänzt sei noch, dass sich auf der Westseite des Kleinen Kaukasus in Georgien (Batumi) ein weiterer »Hotspot« befindet, der durch seinen spektakulären Vogelzug mit bis zu 100.000 Greifvögeln am Tag weltweit bekannt ist.
Der nächste Halt ist am Gobustan-Nationalpark (Bilder), der für seine steinzeitlichen Felsenzeichnungen berühmt ist. Die Fundstellen gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO. Einige Busse stehen am Parkplatz und wir treffen sogar deutsche Touristen. Es ist mittlerweile ziemlich heiß, eine kaukasische Agame (Bild) genießt die Sonnenstrahlen. Ein schwarz-weiß gefiederter Steinschmätzer – ob Nonnen- oder Felsensteinschmätzer (Bilder) ist zunächst nicht klar – lässt sich aus nächster Nähe schön beobachten. Der Nonnensteinschmätzer hat einen schwarzen, der Felsensteinschmätzer einen weißen Mantel. Wenn sich der Vogel nur von vorne oder von der Seite zeigt, ist es kaum möglich, ihn eindeutig zu bestimmen. Und dann gibt es laut Michael Heiß auch noch Hybridvögel. Einer davon ist in Gobustan zu Hause. Sein Rücken erscheint überwiegend weiß, ist aber von vielen dunklen Federn durchsetzt. Mithilfe eines tollen Fotos von Micha wird der Vogel von ihm dann als Nonnensteinschmätzer (Bild) bestimmt. Dabei hilft auch ein Blick auf die Zeichnung der schwarzen Endbinde auf dem Schwanz. Beim Felsensteinschmätzer ist sie gleichmäßig breit, beim Nonnensteinschmätzer in der Mitte schmaler und nur zu den äußeren Kanten breit. Markus und ich können dann doch noch einige Felsensteinschmätzer (Bilder) fotografieren, die hoffentlich auch solche sind. ;-)) Falls nicht, bitte ich um Nachsicht. Auf dem Rückweg zum Bus lassen sich im Garten eines kleinen Museums zwei Wiedehopfe (Bild) ausgiebig bewundern. Der Jungvogel im Vordergrund wird von einem Elternteil noch gefüttert.
Der Shirvan-Nationalpark ist nun nicht mehr weit. Davor legen wir noch einen kurzen Stopp an einigen Fischteichen ein. Hier ist vor wenigen Tagen ein Wüstenregenpfeifer gesichtet worden. Bedauerlicherweise finden wir ihn nicht, vielleicht ist er in der Zwischenzeit abgeflogen. Dafür gibt es für mich mit der Dünnschnabelmöwe und der Zwergseeschwalbe (Bild) zwei »Lifer«. Gegen 17 Uhr kommen wir am Eingang des Shirvan-Nationalparks (Bilder) an. Der 54 Hektar große Nationalpark besteht aus unterschiedlichen Landschaftszonen wie Steppe, Halbwüste, Feuchtgebiet und Schilfflächen und bietet somit einer großen Zahl an Tieren und Pflanzen Lebensraum. In der Nähe des Eingangs fotografiere ich einen Falken, den ich zunächst als Turmfalken bestimme, aber nach einem Blick in den »Svensson« doch als jungen Rötelfalken (Bild) einordne. Beide Falkenarten kann man in Aserbaidschan antreffen. Der nette Steinzkauz (Bild) hat auch schon auf uns gewartet. Und über die farbenprächtige Blauracke (Bild) kann man sich immer freuen. Nach einem kleinen Spaziergang geht es mit dem Bus weiter Richtung Meer. Ausgediente Ölförderpumpen (Bild) zeugen noch von der ehemals industriellen Nutzung dieses Gebietes. Berühmt ist der Nationalpark wegen der Kropfgazellen (Bild), die hier noch ihren letzten natürlichen Lebensraum in Europa vorfinden. Auf einem kleinen, kahlen Baum haben sich mehrere Rötelfalken (Bilder) niedergelassen. Rötelfalken sind sehr gesellige Tiere, sie brüten in Kolonien in Städten, an steinigen Felshängen oder in Ruinen. Im Gegensatz zum Turmfalken weisen die Männchen einen einheitlich grauen Kopf und keine dunklen Flecken auf der Oberseite auf. Im Flug zeigt sich ein bläuliches Flügelfeld zwischen Vorderflügel und Schwungfedern. Die Jungvögel sehen in ihrem gestricheltem Gefieder den Turmfalken recht ähnlich. Nicht nur hier auf dem Baum können wir die Rötelfalken schön studieren, auch später auf einem Aussichtsturm sind Rötelfalken (Bilder, Video > Youtube) immer in Sichtweite. Einer hat eine Maus erbeutet, ist aber anscheinend nicht allzu hungrig, da er diese längere Zeit im Schnabel hält.
Nach intensiver Suche entdecken wir dann das ersehnte Huhn, den Halsbandfrankolin (Bild). Sein Lebensraum erstreckt sich von Südeuropa bis in den Nordosten Indiens. Der zur Gattung der Frankoline gehörende Vogel bewohnt trockene Ebenen in Wassernähe, gerne Felder, hohes Gras, Brachflächen mit Büschen und Sträuchern. Er hält sich ausschließlich am Boden auf, lebt scheu und zurückgezogen. Um 18.30 Uhr erreichen wir den bereits erwähnten großen Aussichtsturm. Wir werden mit einem tollen Blick auf die weiten Flächen der Steppe und ein Feuchtgebiet belohnt. Es gibt viel zu sehen – wenn nur der heftige Wind nicht wäre. Verschiedene Reiher und ein Trupp Moorenten fliegen vorbei. Ein weiterer Halsbandfrankolin kommt immer wieder aus dem Gebüsch hervor. Rund um den Turm kreisen Stare (einer davon auf dem Bild), den Schnabel voller Insekten. Aber meine Lieblinge sind die beiden Steinkäuze (Bilder), die wiederholt das Dach eines kleinen Häuschens anfliegen. Einer von ihnen hat eine Schlange gefangen. Auch er verspürt wohl keinen Hunger und lässt die Schlange ganz lässig aus dem Schnabel hängen. Oder bringt er das Futter einem Jungvogel? Um 20 Uhr verlassen wir den Nationalpark und fahren noch in ein Restaurant zum Abendessen. Gegen 22 Uhr kommen wir in unserem Hotel in Salyan an. Ein »voller« Tag mit vielen schönen Erlebnissen!
Mehr zum Shirvan-Nationalpark > Wikipedia.
Vogelliste Straße nach Quba (Laubwald): Zwergschnäpper*, Singdrossel, Kohlmeise, Waldbaumläufer, Buntspecht, Eichelhäher, Zaunkönig, Tannenmeise, Kernbeißer, Amsel, Wacholderlaubsänger, Buchfink
Vogelliste Küstenstreifen bei Besh Bermak: Brachpiper*, Haubenlerche, Isabellsteinschmätzer, Bienenfresser, Steinkauz, Rohrweihe (3), Rauchschwalbe, Wespenbussard (11 ziehend), Wiedehopf, Stelzenläufer
Vogelliste Gobustan-Nationalpark: Felsenkleiber, Wespenbussard, Nonnensteinschmätzer, Felsensteinschmätzer, Isabellsteinschmätzer, Turmfalke, Adlerbussard, Blauracke, Chukarhuhn*, Rotkopfwürger, Mauersegler, Rauchschwalbe, Grauammer, Haussperling, Straßentaube, Alpenkrähe, Nebelkrähe
Vogelliste Shirvan-Fischteiche: Dünnschnabelmöwe*, Uferschwalbe, Rauchschwalbe, Seidenreiher, Seeregenpfeifer, Sandregenpfeifer, Weißschwanzkiebitz*, Zwergseeschwalbe*, Blauwangenspint, Säbelschnäbler, Rohrweihe, Nachtreiher, Drosselrohrsänger
Vogelliste Shirvan-Nationalpark: Halsbandfrankolin* (2-4), Elster, Tamariskengrasmücke*, Rötelfalke, Moorente, Zwergtaucher, Blässhuhn, Seidenreiher, Purpurreiher, Nachtreiher, Seeschwalbe, Großmöwe, Steinkauz, Star, Drosselrohrsänger, Rohrweihe, Blauracke
(* = meine persönliche Erstsichtung)