Aserbaidschan – Tag 10: Steinbraunelle, Rotflügelgimpel, Chukarhuhn, Falkenbussard, Blassspötter

Mittwoch, 6. Juni 2018, Nachtschiwan, Kleiner Kaukasus, Batabat (Floating Islands), 10.30 bis 16.30 Uhr, 10 Grad, sonnig, windig, kalt; Rückfahrt in die Stadt Nachtschiwan, mehrere Stopps am Bach Nakhijevan, 16.30 bis 18.30 Uhr, ca. 26 Grad
Den Abend zuvor haben wir in einem Restaurant in Baku verbracht. Nach einem leckeren Essen und interessanten Gesprächen mit einheimischen jungen Birdern hieß es dann mit wenig Schlaf auszukommen, da um 5 Uhr früh die Abfahrt zum Flughafen terminiert war. Es ist schon hell, als Seymur um viertel vor fünf Uhr vor dem Hoteleingang auf uns wartet. Während wir noch unsere Koffer verstauen, hören wir plötzlich einen Pirol rufen. Wow, das ist unglaublich – ein Pirol mitten in der Großstadt! Nach diesem ganz besonderen Birder-Erlebnis werden wir zum Flughafen gefahren. Der Flug in die Autonome Republik Nachtschiwan (Karte) dauert etwa eine Stunde.

Um 9 Uhr landen wir auf dem Flughafen (Bild) der Hauptstadt, die auch Nachtschiwan heißt. Ein Reisebegleiter und ein Fahrer erwarten uns bereits. Wir werden zum Hotel gebracht. Dort packen wir unsere Ferngläser, Kameras und Spektive ein und um 10.30 Uhr geht es los. Unser Ziel liegt im Kleinen Kaukasus, ungefähr 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Diese überrascht durch breite, leere Straßen, moderne Häuser (Bild) und wenig Menschen – alles wirkt sehr aufgeräumt. Nach einer Stunde Fahrt durch eine agrarisch geprägte Landschaft (Bild) mit tollen Ausblicken auf den berühmten Berg »Ilandag« und einem Steinadler (Bild) erreichen wir die Region Batabat. Meine Landkarte zeigt auch den englischen Namen »Floating Islands«, der daher rührt, dass am Fuße des Gebirges zwei Seen (einer davon auf dem Bild) liegen. Der Blick in die Bergwelt des Kleinen Kauskasus zeigt uns üppig begrünte Berghänge (Bilder). Während wir durch das meterhohe Gras wandern, riecht es herrlich nach frischen Kräutern. Tolle Gegend. Wir finden einen Rotflügelgimpel (Bild), ein Alpinvogel, der kahle Gebirgsregionen zwischen etwa 1700 und 3000 Metern Höhe bewohnt. Es gibt zwei Arten, deren eine, den nordafrikanischen Rotflügelgimpel alienus, ich bereits im Dezember 2016 in Marokko bewundern konnte. Die zweite, hier heimische Art sanguineus besiedelt ein Gebiet, das von Anatolien bis Nordwestchina reicht. Beide ähneln sich sehr. Die afrikanische Art ist aber ingesamt etwas weniger kontrastreich und weist statt einer dunklen eine helle Kehle auf. Erneut zeigt sich auch heute der ebenso hübsche Steinrötel (Bild) wieder. Am hingebungsvollen Gesang eines Ortolans (Bild) merkt man, dass Frühling ist. In Mitteleuropa brütet er im Tiefland in landwirtschaftlich genutzten, oft sandigen Gebieten oder baumreichen Weidelandschaften, in Südeuropa, der Türkei und im Kaukasus hingegen zieht es ihn in die Berge, oft über 1500 Meter, auf Lichtungen und an Waldränder. Ein weiterer bestens bekannter Vogel, das Braunkehlchen (Bild), hat in seiner typischen Art auf einem frei stehenden Stängel Platz genommen und hält Ausschau nach Nahrung.

Unser heutiger Wunschvogel ist die Steinbraunelle. Auch sie ist ein alpiner Vogel, der in Höhen zwischen 2000 und 3000 Metern in felsigem Buschgelände brütet. Sie ist in etwa so groß wie eine Heckenbraunelle, ähnelt der Bergbraunelle, hat aber einen breiten, hellen Überaugenstreif, einen dunklen Scheitel sowie dunkle Ohrdecken. Andere Birder haben sie hier vor zwei Wochen gesichtet. Wir sind schon eine Weile auf einem bewachsenen, etwas felsigen Hang (Bild) auf der Suche nach dem eher unscheinbaren Vögelchen und unsere Gruppe hat sich aufgeteilt, jeder Vogel wird genauestens begutachtet. Es ist alles sehr spannend und es dauert auch einige Zeit … aber Michael findet sie. Wir zählen drei Steinbraunellen (Bilder), die recht rastlos von einem Gewürzstrauch zum anderen fliegen. Da auch ein Jungvogel dabei ist, vermute ich, dass es sich um eine Familie handelt. Manchmal landet einer der Vögel auch tief im Gebüsch und putzt sich im Verborgenen das Gefieder. Ich freue mich riesig, dass wir die Steinbraunelle gefunden haben :-))). Jetzt ist auch wieder Zeit, den Blick über die großartige Landschaft (Bild) schweifen zu lassen, und bald machen wir uns auf den Rückweg zu den beiden Seen (Bilder). Unterwegs singt uns eine Grauammer (Bild) noch ein Ständchen. Auch heute haben unsere Begleiter ein leckeres Picknick vorbereitet. Nach dem Essen halten wir am See noch Ausschau nach Vögeln. Einer von drei Schilfrohrsängern (Bild) lässt sich geduldig fotografieren und Markus »erwischt« einen gerade abfliegenden Rotschenkel (Bild), der uns seine feuerroten Beine zeigt.

Während der Rückreise in die Stadt legen wir noch einige Halts ein. Neben der Straße schlängelt sich in einem weiten Kiesbett gemütlich ein Bach (Bild). Ich fotografiere einen Steinschmätzer und gehe anhand des schwarzweißen Gefieders erstmal davon aus, dass es sich entweder um einen Nonnen- oder ein Felsensteinschmätzer handeln muss. Beim Sichten der Fotos erkenne ich jedoch später, dass es ein »Balkansteinschmätzer«, exakter gesagt ein Mittelmeer-Steinschmätzer melanoleuca (Bild) ist. Die Männchen haben einen weißen Mantel und das Schwarz von Kopf und Kehle ist klar getrennt vom Schwarz der Flügel. Bei den beiden anderen Arten fließt das Schwarz des Kopfes mit den Seiten bzw. dem Mantel zusammen. Man unterscheidet eine schwarzkehlige und eine hellkehlige Variante. Und Michael fügt hinzu, dass in Aserbaidschan die Vögel heller sind, also die ockergelbe Färbung im weißen Gefieder kaum auszumachen ist. Entlang des Baches halten sich auch einige Flussuferläufer (einer davon im Bild) auf. Sie sind aufgeregt und man hört sie ausgiebig rufen. Michael erkennt den Grund: Ihr Nest liegt unweit der Straße. Leider ist der hübsche Schmetterling mit dem Namen Wiener Nachtpfauenauge (Bild), den wir auffinden, tot. Etwas ganz Besonderes fürs Auge gibt es kurz danach, als wir in der Ferne aus dem satten Grün ein großes violettes Feld leuchten sehen. Es ist ein Ritterspornfeld (Bilder).

Bei einer kleinen Brücke (Bild) erfolgt unser letzter Halt. Und welch ein Glück – ein Chukarhuhn (Bilder) ist ganz nah. Es hält sich gut versteckt an einem Hang neben einer schmalen Straße auf. Nur der feuerrote Schnabel scheint aus dem grau-grünen Gestrüpp. Das Chukarhuhn hat innerhalb der Gattung der Steinhühner das umfangreichste Verbreitungsgebiet und kommt von der Balkanhalbinsel und den Inseln des Ägäischen Meeres bis nach Nordchina vor. Es besiedelt sehr unterschiedliche Lebensräume. Am häufigsten findet man es in Höhenlagen zwischen 500 und 2000 Metern an zerklüfteten Felshängen, auf offenen Grasflächen und bei Strauchgruppen. Wichtig ist das Vorkommen von Wasser. Weitere Infos und Verbreitungskarte > Wikipedia. Auf der anderen Straßenseite entdecke ich einen Falkenbussard (Bild), der bewegungslos auf einem Pfosten harrt. Der Falkenbussard ist eine Unterart des Mäusebussards und brütet im Norden und Nordosten Europas. Im erwachsenen Alter können drei Morphen, dunkel, fuchsrot und dunkel rotbraun, unterschieden werden. Er überwintert in Ost- und Südafrika.
In einem Busch neben dem Bach und ab und an auch auf eine Stromleitung wechselnd ist der Blassspötter (Bilder) heute mal super zu beobachten. Er ist ungefähr so groß wie ein Teichrohrsänger, aber sein Gefieder ist olivgrau getönt. Er weist einen dunklen Zügel und einen kurzen, hellen Überaugenstreif auf. Der Zweigsänger brütet in offenen Wäldern, Obstgärten, Parks, gerne am Ufer von Gewässern und an der Meeresküste. Im Süden ist er ein Jahresvogel, während er im Norden zu den Zugvögeln zählt, die südlich der Sahara überwintern. Als krönender Abschluss des heutigen Tages ziehen noch zwei Mönchsgeier (Bild) über uns hinweg.
Nach diesem überaus langen und ereignisreichen Tag gehen wir abends noch Essen und ziehen uns dann sehr zeitig in unser reichlich illuminiertes Hotel (Bild) zurück.

Vogelliste Gebirge Kleiner Kaukasus (Batabat): Steinbraunelle*, Dorngrasmücke, Steinschmätzer, Ortololan, Braunkehlchen, Adlerbussard, Neuntöter, Zippammer, Bartgeier, Grauammer, Karmingimpel, Baumpieper, Hausrotschwanz, Rotflügelgimpel sanguineus*, Steinadler (unterwegs)
Vogelliste See (Floating Islands): Stockente, Schilfrohrsänger (3), Zwergtaucher, Blässhuhn, Rotschenkel (2), Grauammer
Vogelliste Rückfahrt zur Stadt: Flussuferläufer, Chukarhuhn, Bachstelze, Blassspötter, Karmingimpel, Bienenfresser, Baumfalke, Falkenbussard, Mönchsgeier (2), Gänsegeier, Ringeltaube, Grauammer, Felsenschwalbe, Nebelkrähe, Schwarzstirnwürger, Mittelmeer-Steinschmätzer melanoleuca* (Balkansteinschmätzer)
(* = meine persönliche Erstsichtung)

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Karte von Aserbaidschan und der Autonomen Republik Nachtschiwan (Foto: Markus Dähne)
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Flughafen, Nachtschiwan, Juni 2018
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Nachtschiwan, Juni 2018
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Berg Ilandag, Nachtschiwan, Juni 2018
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Nachtschiwan, Juni 2018
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Steinadler (Golden Eagle), Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Batabat, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Rotflügelgimpel sanguineus (Crimson-winged Finch), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Ortolan (Ortolan Bunting), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Braunkehlchen (Whinchat), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Habitat der Steinbraunelle, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Steinbraunellen (Radde’s Accentor), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Steinbraunelle (Radde’s Accentor), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Steinbraunelle (Radde’s Accentor), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Junge Steinbraunelle (Radde’s Accentor), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
Steinbraunellen (Radde’s Accentor), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Batabat, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Batabat, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Grauammer (Corn Bunting), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Batabat, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Schilfrohrsänger (Sedge Warbler), Batabat, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Rotschenkel (Common Redshank), Batabat, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Balkansteinschmätzer (Black-eared Wheatear), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Flussuferläufer (Common Sandpiper), Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Wiener Nachtpfauenauge, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Ritterspornfeld, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018
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Ritterspornfeld, Kleiner Kaukasus, Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Nachtschiwan, Juni 2018
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Chukarhuhn (Chukar Partridge), Nachtschiwan, Juni 2018
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Chukarhuhn (Chukar Partridge), Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Falkenbussard (Steppe Buzzard), Nachtschiwan, Juni 2018
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Blassspötter (Eastern Olivaceous Warbler), Nachtschiwan, Juni 2018
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Blassspötter (Eastern Olivaceous Warbler), Nachtschiwan, Juni 2018
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Blassspötter (Eastern Olivaceous Warbler), Nachtschiwan, Juni 2018
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Mönchsgeier (Cinereous Vulture), Nachtschiwan, Juni 2018 (Foto: Markus Dähne)
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Grand Hotel, Nachtschiwan, Juni 2018

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