Montag, 28. Mai 2018, Aserbaidschan, Candy Cane Mountains, 7 bis 9.45 Uhr; Besh Bermak, 11.30 bis 13.30 Uhr, Laza, 16 Uhr, ca. 16 bis 23 Grad, sonnig
Um 5.30 Uhr sind wir heute früh in Baku gelandet. Eine schlaflose Nacht liegt hinter Markus und mir: Wir sind am Sonntagabend in München in den Flieger nach Istanbul gestiegen. Dort hatten wir über drei Stunden Wartezeit. Um 1.30 Uhr ist die Maschine nach Baku gestartet. Auf dem Flughafen in Istanbul haben wir Michael, Bärbel und Karin getroffen, die aus Berlin gekommen waren. Mit Rene, Adriana und Thijs aus Holland war dann die Gruppe komplett.
In Baku erwartet uns Seymur mit seinem kleinen Bus. Noch während der ersten morgendlichen Sonnenstrahlen lassen wir die Großstadt Baku hinter uns und fahren Richtung Norden. Nach einer Stunde Fahrt biegen wir von der Hauptstraße nach Westen ab. An einer Gedenkstätte (Bild) für einen einheimischen Dichter halten wir an. Ein kleiner Fluss mit Grünland und wunderschön rot-beige gestreifte Berge, die »Candy Cane Mountains« (Bild), liegen vor uns. Es gibt viel zu entdecken. Bienenfresser und Kappenammern sitzen auf den Leitungen. Michael sieht eine Rötelschwalbe vorbeifliegen, eine sehr seltene Art in Aserbaidschan. Mir gefallen die Schwarzstirnwürger (Bilder), die aus nächster Nähe zu bewundern sind. Bald wird auch klar warum: Ein Vogel sitzt in seinem Nest. Während dieser noch die Eier bebrütet, ist ein Star (Bild) schon mit einem Schnabel voller Insekten für seinen Nachwuchs unterwegs. Die Rosenstare (einer davon auf dem Bild) mit ihrem zweifarbigen Gefieder sind mein erstes Highlight. Anhand des rosafarbenen Körpers, des schwarzen Kopfes, der ebenfalls schwarzen Flügel und des Schwanzes sowie des langen, hängenden Schopfes sind erwachsene Vögel leicht zu erkennen. Der Lebensraum des Rosenstars sind die Steppen, Halbwüsten und Wüsten Mittelasiens und Südosteuropas. Der Sommervogel fliegt zum Überwintern auf den indischen Subkontinent. Wir werden ihm hier noch einige Male begegnen, in Mitteleuropa ist er ein sehr seltener Gast. Aber gerade in diesen Maitagen sind in Deutschland an mehreren Plätzen Rosenstare gesichtet worden. Am Himmel kreist ein Falkenbussard (Bild). Hierbei handelt es sich um die nordöstliche Unterart des Mäusebussards, entnehme ich dem Kosmos Vogelführer (Svensson).
Es gibt hier eine Vielzahl unterschiedlicher Arten zu entdecken und ich bin schon etwas überfordert ;-)). Beispielsweise sind in Aserbaidschan neben dem »normalen« Steinschmätzer auch der Balkan-, der Nonnen-, der Felsen- und der Isabellsteinschmätzer heimisch. Da sie sich sehr ähnlich sehen, ist die Unterscheidung vor Ort schon schwierig und wird auch beim nachträglichen Betrachten meiner Fotos nicht einfacher. Aber einen Steinschmätzer erkenne ich sicher. Die langen Beine, die typisch aufrechte Haltung und das charakteristische schwarz-weiße Schwanzmuster hat auch der Isabellsteinschmätzer (einige davon auf den Bildern). Etwa zehn von ihnen halten sich in dem Areal auf. Ihr gelblich-braun-beiges Gefieder ist sehr hell und ähnelt »unserem« Steinschmätzer im ersten Winterkleid. Der Isabellsteinschmätzer bevorzugt spärlich bewachsene Hänge mit einzelnen Steinen, kahle Ebenen und kurzrasige Weideflächen. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Vorderasien bis in die Mongolei.
Die anderen drei Steinschmätzer-Arten weisen große Ähnlichkeit auf. Die Männchen im Prachtkleid haben einen schwarzen Mantel und dunkle Flügel. Scheitel, Brust und Bauch sind weiß, manchmal auch leicht gelblich gefärbt. Auch teilen sie den Lebensraum – Felshänge, niedrige Vegetation, karge Weiden und Felder. Die Weibchen sind noch schwieriger auseinanderzuhalten. Eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen Nonnen- und Felsensteinschmätzer ist der Mantel. Beim Nonnensteinschmätzer (Bild) ist er durchgehend schwarz. Der Felsensteinschmätzer (Bild) hat einen weißen Mantel, der in Sitzstellung wie ein weißer Keil wirkt. Dieser Unterschied ist aber nur wahrzunehmen, wenn sich der Vogel von hinten zeigt oder auffliegt.
Nicht nur Steinschmätzer haben gerne den Überblick, auch eine der Haubenlerchen (Bild) thront auf einem Stein, um die Heuschrecken-Mahlzeit anschließend zu ihren Jungen zu bringen. Bevor wir wieder in den Bus steigen, gelingt es mir noch, den Blassspötter (Bild) zu fotografieren, der zwar die ganze Zeit zu hören, aber gut versteckt im Gebüsch kaum zu sehen war.
Wir fahren zurück zur Hauptstraße und die Reise geht weiter in den Norden. Nach einer kurzen Mittagspause kommen wir gegen halb zwölf am Berg Besh Bermak an. Bei der Auffahrt sehen wir aus dem Bus heraus eine Kappenammer (Bild) und einen Rotkopfwürger (Bild). Der 382 Meter hohe Besh Bermak (Bilder) ist einer der berühmtesten Berge im Kaukasus und ein heiliger Ort. Nachdem wir die Treppen hochgestiegen sind, werden wir mit einem großartigen Panorama belohnt. Der hier erwartete Felsenkleiber (Bild) ist schnell gefunden, weil er mit dem Nestbau noch nicht ganz fertig ist. Letzte Verbesserungen an der Eingangsröhre des großen, geschlossenenen Lehmnestes sind noch vorzunehmen. Plötzlich taucht – wie aus dem Nichts – ein heller Greifvogel auf. Er gleitet auf Augenhöhe an uns vorbei. Es ist ein Schmutzgeier (Bilder). Wir hatten ihn schon am ersten Halt kurz gesehen, aber hier präsentiert er sich »zum Greifen« nah ist. Zum ersten Mal kann ich diesen beeindruckenden Vogel in aller Ausführlichkeit bewundern. Anhand des kontrastreichen schwarz-weißen Gefieders und des keilförmigen Schwanzes sind die erwachsenen Vögel leicht zu bestimmen. Der Schmutzgeier ernährt sich von Aas und Fleischabfällen. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Südeuropa bis nach Zentralasien. Doch auch in Afrika und Südasien ist er zu finden. Immer wieder verschwindet er hinter dem Berg, taucht dann wieder auf und lässt sich einmal sogar für eine kurze Zeit auf einem kleinen Felsbrocken nieder.
Unser Tour geht weiter nach Norden in den Großen Kaukasus. Grüne Hügel und saftige Wiesen (Bild) ziehen an uns vorüber. Wir kommen an einem Skigebiet vorbei. Zwei große Hotels (Bild) stehen für Gäste schon bereit, an einem dritten palastartigen Neubau wird noch gearbeitet. Kurz bevor wir das 1700 Meter hoch gelegene Gebirgsdorf Laza erreichen, legen wir noch einen letzten Halt am Straßenrand ein. Mein Blick schweift über grüne Berge und Täler (Bild). In de Höhe kreisen Alpensegler (Bild), drei Gänsegeier und ein Steinadler (Bild). Wunderschön. Gegen 17 Uhr kommen wir in Laza (Bilder) an. Ein Bewohner des Dorfes empfängt uns und wir werden auf verschiedene Privathäuser verteilt. Mein Zimmer ist sehr einfach, das Bett eine auf dem Boden liegende Matratze, einiges Mobiliar wurde beiseitegestellt. Ich benötige erst einmal eine kleine Pause, während die anderen schon mal ihre Fühler Richtung Berge ausstrecken. Später treffen wir uns in einem Privathaus zum Abendessen, wo wir mit Tee, Salat, Käse, Brot und einer reichhaltigen Suppe bewirtet werden. Auf dem Heimweg ruft eine Waldohreule. Wow, war das ein toller Tag!
Vogeltagesliste Candy Cane Mountains und unterwegs: Falkenbussard*, Kuhreiher, Schmutzgeier*, Sperber, Kuckuck, Bienenfresser, Haubenlerche, Rauchschwalbe, Rötelschwalbe*, Bachstelze, Nachtigall, Heckensänger, Nonnensteinschmätzer*, Isabellsteinschmätzer*, Felsensteinschmätzer*, Blassspötter*, Schwarzstirnwürger, Elster, Nebelkrähe (Baku), Star, Rosenstar*, Kappenammer*
Vogeltagesliste Besh Bermak: Schmutzgeier, Wespenbussard, Kiebitz, Felsentaube, Steinkauz, Mauersegler, Wiedehopf, Nonnensteinschmätzer, Felsenkleiber*, Rotkopfwürger, Haussperling, Steinsperling
Vogeltagesliste Laza: Gänsegeier, Steinadler, Waldohreule (abends 21 Uhr), Alpensegler, Mehlschwalbe, Brachpieper (Rufe), Wiesenpieper, Heckenbraunelle, Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros ochruros* (südöstliche Art), Ringdrossel
(* = meine persönliche Erstsichtung)
PS: Aus verschiedenen Gründen sind meine täglichen Vogellisten diesmal nicht vollständig. Michael Heiß hat seine deutliche umfangreicheren Sichtungen bei eBird notiert.