Freitag, 8. Juni 2018, Nachtschiwan, Merelik (nördlich von Nachtschiwan), Wadi (südöstlich der Hauptstadt), Bergfestung Alinja, 5.45 bis 15.30 Uhr, ca. 18 bis 28 Grad, heißer Frühlingstag, windig
Wie schon öfters auf dieser Reise stehen wir früh auf. Um 5 Uhr wird gefrühstückt, um 5.45 Uhr ist Abfahrt. Der erste Halt liegt noch in der Stadt an einem Supermarkt, um uns mit Obst und Süßigkeiten zu versorgen. Bereits hier gibt es etwas zu sehen. Hunderte von Mauerseglern drehen ihre Runden um die Häuser, Haussperlinge und eine Palmtaube (Bild) suchen auf einem öffentlichen Platz in den Bodenritzen nach Nahrung. Nach dem Einkaufen fahren wir 20 Minuten Richtung Norden in ein Gebiet namens Merelik. Auch heute gibt es wieder einen tollen Sonnenaufgang (Bild) zu bewundern. In den Bergen (Bild) hoffen wir den großen Bruder des Felsenkleibers – den Klippenkleiber – zu finden. Aber trotz intensiver Suche und sorgfältigen Betrachtens jedes Felsenkleibers (Bild) können wir ihn hier nicht entdecken. Als Ersatz gibt es – immerhin – die hübsche Blauracke (Bild) zu sehen.
Wir fahren weiter, nun in den Süden des Landes zu einem Wadi (Bilder). Wir wandern an den Felshängen entlang und sichten ein Persisches Wüstenhuhn (Bilder, Video > Youtube). Leider hält es sich sehr weit von uns entfernt auf. Es ist im Vergleich zum Chukarhuhn, das in diesem Gebiet auch vorkommt, deutlich kleiner. Das Gefieder des Männchens ist sandbraun, die Flanken sind in den Farben Weiß, Schwarz und Braun wellenförmig gezeichnet. Kopf und Hals sind blaugrau, an den Halsseiten finden sich weiße Sprenkel. Ein schwarzes Stirnband und weiße Ohrdecken vervollständigen das Erscheinungsbild. Ähnlich wie das Arabische lebt das Persische Wüstenhuhn in Bergwüsten und an steinigen Hängen und Wadis, es brütet aber meistens in flacherem Gelände. In dem Filmchen kann man seine markanten »Hoiitt-hoitt-hoitt«-Rufe hören. Während ich einmal mehr damit beschäftigt bin, einen Felsen- von einem Nonnensteinschmätzer (Bild) zu unterscheiden – leider erfolglos –, macht Markus am Himmel einen Schlangenadler (Bild) und einen Zwergadler (Bild) aus, die über uns hinwegziehen. Zu meiner Freude können wir wenig später einen Heckensänger syriaca (Bilder, Video > Youtube) aus nächster Nähe beobachten. Ich habe diesen Vogel bereits im Mai 2017 in Marokko gesehen, allerdings als Unterart galactotes. Der hiesige Heckensänger weist zwar auch den langen, rotbraunen Schwanz mit den typisch schwarz-weißen Spitzen auf, doch sind im Vergleich zum nordafrikanischen und im Südwesten Europas vorkommenden Heckensänger Mantel, Brust und Flanken grauer und das Kopfmuster kontrastreicher.
Kurz darauf finden wir ihn endlich: den Klippenkleiber (Bilder). Sein Gefieder ähnelt sehr stark dem des Felsenkleibers, aber einige Unterschiede gibt es dennoch. Er ist deutlich größer, der Schnabel lang und kräftig. Der auffälligste Unterschied ist der schwarze Augenstreif, der sich hinter dem Auge deutlich verbreitert und an den Halsseiten nach unten verläuft. Wie der Felsenkleiber brütet der Klippenkleiber in Felsenlandschaften, durchsetzt mit einzelnen Büschen und Bäumen. Letzterer ist auch in höher gelegenen Wäldern anzutreffen. Das Nest aus Lehm wird an Felsen und in Bäumen gebaut. Der Klippenkleiber steht oft aufrecht, was die beiden Bilder von Markus deutlich zeigen.
Nach diesen aufregenden Highlights setzen wir unseren Weg zufrieden weiter durch das breite, trockene Flusstal fort. Weil wir dem Rotkopfwürger (Bild) zu nahe gekommen sind, gibt er leise Warnrufe von sich. Hoch oben in einer Steilwand sitzen, leicht zu finden durch den großen weißen Kotfleck vor der Höhle, drei junge Turmfalken (Bilder, Video > Youtube) dicht gedrängt an der Öffnung. Es gibt immer ein bisschen Gerangel und Geschiebe um den besten Platz. So warten sie auf die Eltern, die ganz in der Nähe mit Futter im Schnabel die Umgebung inspizieren. Ein paar Felsen davon entfernt steht ein Steinkauz (Bild) auf einem kleinen Vorsprung – Steinkäuze sind ja auch tagsüber aktiv.
Um Viertel vor 11 Uhr fahren wir noch einige Kilometer weiter zu unserem letzten Halt an diesem Tag und auch auf dieser Reise. Erneut passieren wir den Ilandag (Bild) und steigen dann am Fuße der Bergfestung Alinja (Bilder) aus. Die im 7. und 8. Jahrhundert erbaute Festung liegt auf einer Bergkuppe und bot Schutz für die herrschenden Familien. Das ganze Gelände ist frisch renoviert und empfiehlt sich Touristen zur Entdeckung. Ich muss gestehen, dass ich nicht ganz nach oben gekommen bin. Nach knapp 14 Tagen Vogelgucken, zeitigem Aufstehen und vielen Bergwanderungen geht mir heute ein bisschen die Puste aus. Zur Mittagszeit ist es nun auch sehr heiß und ich beschließe, kurz vor dem Ziel, auf einer Plattform eine Rast einzulegen. Ich genieße den phantastischen Blick in die Ferne und auf den Ilandag. Die Entscheidung, zunächst an Ort und Stelle zu bleiben, ist dann auch schnell getroffen, denn von hier kann ich wunderbar die Vögelchen beobachten, die sich auf einer Stromleitung präsentieren. Eine Kappenammer (Bild), ein Blaumerle-Weibchen (Bild) und ein Steinsperling (Bilder, Video > Youtube) tun mir den Gefallen und verharren hier etwas. Um mich herum höre ich mehrere Kleiber rufen. Anhand der Stimme kann ich sie leider nicht unterscheiden – beide Kleiberarten sind ja hier heimisch. Direkt über mir sitzt auf einer Lampe ein Klippenkleiber. Und Markus ist ein tolles Foto eines Felsenkleibers gelungen. Von meinem tollen Platz aus kann ich mir endlich auch den östlichen Mittelmeer-Steinschmätzer melanoleuca, auch Balkansteinschmätzer (Bilder, Video > Youtube) genannt, in Ruhe ansehen. Der ockergelbe Ton im oberen weißen Mantel erscheint beim Männchen viel schwächer, als es die Illustration im »Kosmos Vogelführer« vermuten lässt. Aber das ist hier so üblich, weiß Michael zu berichten. Das Weibchen hat braunes Gefieder, eine orange gefärbte Brust und einen hellen Bauch. Mittelmeer-Steinschmätzer brüten in offenem Gelände mit einzelnen Büschen, Bäumen oder Felsen, auch gerne in kargem Weideland, an Flussufern oder an steinigen Hängen. Beim Schreiben dieses Reiseberichtes bin ich noch davon ausgegangen, dass der Mittelmeer-Steinschmätzer in zwei Unterarten hispanica und melanoleuca vorkommt. Aber eine neue Studie hat nun gezeigt, dass der westliche und der östliche Mittelmeer-Steinschmätzer als separate Arten behandelt werden sollten. (Quelle: BirdGuides, 19. November 2018 > Webseite)
Nach dem ausgiebigen Betrachten der Vögel will ich doch noch etwas höher hinauf. Mit jeder Kehre komme ich den ca. 50 Alpenseglern (einige davon auf den Bildern), die zwischen den Felswänden hin und her zischen, näher. Und dann kommen auch noch die Großen »um die Ecke«: Gänsegeier (Bild), Schmutzgeier (Bild) und ein junger Bartgeier (Bild). Wow. Kurz vor dem Ziel treffe ich mit Michael und Markus zusammen und gemeinsam steigen wir die vielen Treppen wieder ab. Zum Abschluss des tollen Tages haben unsere Begleiter erneut ein leckeres Picknick vorbereitet. An einem schattigen Plätzchen neben der Straße genießen wir die Aussicht auf den Ilandag. Auf den Wiesen (Bild) hinter uns summt und flattert »der Frühling«.
An dieser Stelle einen herzlichen Dank an unseren »Guide« Michael Heiß, der uns geduldig und unaufgeregt durch das Land geführt hat und »last but not least« an das gesamte Team vor Ort, das uns toll betreut hat.
Vogeltagesliste: Persisches Wüstenhuhn, Chukarhuhn, Kuhreiher, Weißstorch, Bartgeier, Gänsegeier, Schmutzgeier, Zwergadler, Schlangenadler, Adlerbussard, Turmfalke, Steinschmätzer, Mauersegler, Alpensegler (ca. 50), Wiedehopf, Bienenfresser, Blauracke, Haubenlerche, Mehlschwalbe, Rauchschwalbe, Bachstelze, Felsentaube, Palmtaube, Heckensänger syriaca*, Isabellsteinschmätzer, Mittelmeer-Steinschmätzer melanoleuca (Balkansteinschmätzer), Kaukasussteinschmätzer, Felsensteinschmätzer, Steinkauz, Blaumerle, Felsenkleiber, Klippenkleiber*, Rotkopfwürger, Elster, Alpenkrähe, Nebelkrähe, Kolkrabe, Star, Haussperling, Steinsperling, Kappenammer, Grauammer, Stieglitz (am Hotel)
(* = meine persönliche Erstsichtung)