Dienstag, 4. Juni 2013, (Sonne, windig, ca. 20 Grad, sommerlicher Tag), Mittelelbe, Naturschutzgebiet Lenzen-Wustrower-Elbniederung und Rambower Moor
Nach einigen Vogelbeobachtungsreisen im Süden Bayerns geht es in diesem Jahr in das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg. Unser Ausgangspunkt für eine Woche ist das brandenburgische Lenzen (Elbe), das ungefähr 150 Kilometer südlich von Hamburg liegt. Die vom LBV München in Kooperation mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) veranstaltete Reise wurde von Dr. Eva Schneider und Werner Reuter geplant und organisiert. Der Montag ist Anreisetag, aber abends machen wir bereits die erste kleine Erkundungstour zur Elbe, die nur zehn Minuten mit dem Fahrrad von Lenzen entfernt ist. Sie ist schon über die Ufer getreten (Bild). An dem Tag ist die Autofähre noch in Betrieb. Sie wurde am nächsten Tag eingestellt. So sind Eva und Werner bereits am ersten Tag gezwungen das vorbereitete Programm für die nächsten Tage zu ändern. Noch wusste keiner, wie hoch das Wasser steigen wird, aber klar war, dass die Flut kommt und wir nicht mehr auf die andere Seite des Flusses kommen würden.
Für den heutigen Dienstag ist eine Radtour auf dem Deich stromaufwärts geplant. Während sich im Süden Deutschlands nach dem tagelangen Regen in der Vogelwelt »kleine« Katastrophen abspielen, da Insektenfresser wie Mehlschwalben, Rauchschwalben und Mauersegler nicht mehr genügend Futter für sich und ihre Jungen finden und viele der Vögel verhungern, zeigt sich hier im Norden Deutschlands strahlend blauer Himmel. Und auch wir sind nach den grauen regenreichen Tagen glücklich über die wärmenden Sonnenstrahlen.
Am Eingang des Hotels hat ein Storchenpaar seinen Horst bezogen. Wir rätseln, ob das verdächtige Nach-Unten-Beugen des Storches (Bild) schon Rückschlüsse über geschlüpften Nachwuchs gibt oder ob er nur die Eier wendet? Wir fahren an die Elbe (Bild), die ruhig und friedlich dahinströmt, sich aber schon bis an den Deich ausgebreitet hat. Auf der anderen Seite des Deiches (Naturschutzgebiet Lenzen-Wustrower-Elbniederung) sind einige Stellen ebenfalls unter Wasser. Durch den Wasserdruck der hohen Elbe wird der Deich unterströmt und so bilden sich temporäre Flachgewässer (Qualmwasser).
Wir sehen Weißstörche, Graureiher, Rohrammern, Teichrohrsänger und Schilfrohrsänger, Braunkehlchen und Wiesenschafstelze (Bild). Mein erstes Highlight zieht am Himmel bereits seine Bahnen. Es ist der mächtige Seeadler mit seinen langen breiten Fügeln und den stark »gefingerten« Flügelspitzen. Er ist hier das ganze Jahr über zu sehen und findet auch Platz zum Brüten. Wir haben Glück und ein Seeadler (Bild) lässt sich auf einem Pfosten in der Elbe nieder.
Von unserer erhöhten Position am Deich ist es ein Genuss auf die Wiesen und Feuchtgebiete hinter dem Deich zu blicken. Die Vögel sind alle sehr nah. Wir sehen jede Menge Neuntöter (Bilder) und Wiesenpieper (Bild), die sich zu unserer Freude auf den vielen Zäunen niederlassen und sich wunderbar beobachten lassen.
Plötzlich wird es etwas stressig für mich ;-). Soviele Vögel auf einem Fleck! Ich weiß gar nicht, wohin ich als Erstes schauen soll. Links von mir sitzt im Busch eine singende Grauammer (Bild), hinter mir auf einem Baum hat sich ein Fischadler (Bild) niedergelassen und vor uns auf den Elbwiesen stehen einige Kraniche, die ich bisher immer nur aus der Ferne im Flug gesehen habe. Eine super Gegend!
Am Nachmittag bekommen wir noch eine Führung durch das Rambower Moor (Bild), das nordöstlich von Lenzen liegt. Es ist ein Niedermoorkomplex aus Verlandungsmoor, Quellmoor und Durchströmungsmoor. Ein zwölf Kilometer langer Rundweg führt um das Moor. Für Blumenfreunde gibt es Orchideen zu bestaunen und für Vogelfreunde klingt das Trompeten einiger Kraniche (einer im Bild) wie Musik. Die Kraniche brüten auch im Moor. Momentan entdecken wir nur zwei, aber während des Herbstzuges dient das Moor für tausende Kraniche als Schlafplatz. Mir reichen schon die beiden, die ich endlich in Ruhe und verhältnismäßig nah beobachten kann. Laut den Prospekten soll im Moor auch die Rohrdommel eine Bleibe gefunden haben. Die Landschaft ist dafür ideal, aber wir erfahren, dass seit 2001 keine Rohrdommel mehr gesichtet bzw. gehört wurde. So kann man sich nur wünschen, dass sie bald wieder hier einziehen und ihr weit hörbarer Ruf, der wie das Gebrüll von Rindern klingt, durch die Gegend schallt. Es gibt nämlich sogar eine Aussichtsplattform namens »Dommelturm«.
Vogeltagesliste: Haubentaucher, Kormoran, Graureiher, Weißstorch, Höckerschwan, Graugans, Stockente, Reiherente, Gänsesäger, Mäusebussard, Rotmilan, Schwarzmilan, Fischadler, Rohrweihe, Kranich, Blässhuhn, Kiebitz, Lachmöwe, Ringeltaube, Kuckuck, Mauersegler, Buntspecht, Schwarzspecht, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Wiesenpieper, Wiesenschaftstelze, Bachstelze, Neuntöter, Pirol, Star, Dohle, Rabenkrähe, Nebelkrähe, Kolkrabe, Zaunkönig, Feldschwirl, Schilfrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Teichrohrsänger, Drosselrohrsänger, Gelbspötter, Sperbergrasmücke, Gartengrasmücke, Mönchsgrasmücke, Klappergrasmücke, Fitis, Zilpzalp, Waldlaubsänger, Grauschnäpper, Braunkehlchen, Hausrotschwanz, Rotkehlchen, Nachtigall, Amsel, Singdrossel, Sumpfmeise, Tannenmeise, Kohlmeise, Schwanzmeise, Beutelmeise (gehört), Kleiber, Gartenbaumläufer, Feldsperling, Buchfink, Grünfink, Stieglitz, Bluthänfling, Grauammer, Rohrammer, Goldammer.