Freitag, 18. September 2020 (sonnig, 17 bis 21 Grad, warmer Spätsommertag), Bodensee, Schussenmündung, Eriskircher Ried, Friedrichshafen, Reutiner Bucht, 10 bis 17 Uhr
Frühmorgens schaue ich vom Zimmer aus den Staren (Bild) zu, die sich auf der Antenne des Nachbarhauses versammeln. Für Markus ist es heute der letzte Urlaubstag, abends reist er mit dem Zug von Lindau nach München zurück. Deshalb ist unser Plan, den Tag an der Nordostseite des Bodensees zu verbringen.

Gartenrotschwanz und Schwarzschwan an der Schussenmündung
Unser erster Beobachtungsplatz ist die Schussenmündung, die zwischen den Ortschaften Eriskirch und Langenargen (Informationsschild Naturschutzgebiet Eriskircher Ried) liegt. Gegen 10 Uhr treffen wir an der Schussenmündung (Bilder) ein. Auf einem angeschwemmten Baumstamm entdecken wir einen kleinen Vogel. Ich überlege noch, welche Art das wohl sein könnte, da hat Markus ihn schon als einen weiblichen Gartenrotschwanz (Bilder) bestimmt. Die zur Familie der Fliegenschnäpper gehörenden Sommervögel verlassen zur Überwinterung Mitteleuropa und ziehen nach Afrika. Schon ab Mitte Juli setzt mit dem Abwandern der Jungvögel der Wegzug ein. Ihre Hauptzugzeit liegt in der zweiten Augusthälfte und bis Ende September ist diese überwiegend abgeschlossen. In der Mündung finden wir eine Spießente (Bild) und der imposante Schwarzschwan (Bild) ist nicht zu übersehen. Das natürliche Verbreitungsgebiet des Schwarzschwans (manche sagen auch Trauerschwan) ist Australien. In Europa kommen ausschließlich ausgesetzte oder verwilderte Schwarzschwäne vor. Einige Graureiher (Bild) haben sich im Mündungsbereich auf einem Baumstamm versammelt. Desgleichen ein paar Höckerschwäne und Mittelmeermöwen (Bild) etwas vorgelagert auf dem Bodensee.









Naturschutzgebiet Eriskircher Ried
Nördlich der Schussenmündung erstreckt sich das Naturschutzgebiet Eriskircher Ried (Mehr Infos bei Wikipedia). Am Strandbad Eriskirch (Bild) machen wir einen kurzen Halt. Im Uferbereich halten sich Kormorane, Graureiher und Gänsesäger auf. Ein Eisvogel lugt von seinem Ansitzplatz herunter. Ein Sperber (Bild) lässt sich kurz blicken. Beim Ausschauhalten in den Himmel sehen wir ziehende Rotmilane, die in kleineren Trupps von vier bis acht Individuen unterwegs sind. Auch Uferschwalben und Rauchschwalben sind auf dem Weg ins Winterquartier. Nach dem Strandbad geht es weiter in das Naturschutzgebiet Eriskircher Ried hinein. Um diese Jahreszeit sind, neben den genannten Zugvögeln, viele Bewohner der Riedlebensräume – Riedflächen, Streuwiesen, kleine Auwälder, Altwässer, Schilf- und Flachwasserzonen – schon auf dem Weg in den Süden. Zu Brutbeginn im Frühjahr finden sich aber Baumfalke, Schwarzmilan, Drosselrohrsänger, Grauspecht, Kiebitz, Schwarzkehlchen, Wachtel und Wendehals wieder ein.



Bodensee »offshore« und eine Schmarotzerraubmöwe
Gegen Mittag kommen wir in Friedrichshafen an. Wir möchten den Bodensee »offshore«, das heißt »vor der Küste« erkunden. Der Grund dafür ist, dass Ornithologen einige Tage vor unserer Reise Raubmöwen auf dem Bodensee entdeckt haben. Haben auch wir vielleicht Glück? Raubmöwen leben überwiegend auf dem Meer und brüten in Tundren, an küstennahen Mooren oder auf entlegenen Inseln in Nordeuropa. Auf ihrem Zug in die Wintergebiete fliegen sie überwiegend über das Meer oder entlang der Küsten. Hin und wieder wählen sie auch Routen durch das Binnenland. Schon während der Woche haben wir den Bodensee nach den großen, meist graubraunen Möwen abgesucht, doch ohne Erfolg. Deshalb heute der Ausflug mit der Fähre (Bild) von Friedrichshafen nach Romanshorn (Schweiz) und wieder zurück. Die einfache Fahrt dauert 45 Minuten. Während der Überfahrten »scannen« wir intensiv den See, aber es sind nur wenige Vögel wie Haubentaucher oder Lachmöwe zu sehen. Kurz vor dem Anlegen in Friedrichshafen entdecken wir in großer Entfernung einen sehr dunklen Vogel, der aber leider nicht in unsere Richtung, sondern von uns wegfliegt. Markus macht viele Fotos, aber das kleine Kameradisplay erlaubt keine gesicherte Bestimmung. Erst nachts erreicht uns nach Sichtung der Fotos per Mail das Ergebnis. Es ist eine Schmarotzerraubmöwe (Bild), eine helle Morphe im Prachtkleid. Da keine Verdickung am Schwanzende erkennbar ist, schließt Markus eine Spatelraubmöwe aus. So eine Freude, es ist für uns alle eine Erstsichtung.



Enten im Naturschutzgebiet Reutiner Bucht
Nach Ankunft der Fähre in Friedrichshafen haben wir noch ein paar Stunden Zeit bis zu Markus’ Zugabfahrt. Wir entscheiden uns für einen Besuch der Reutiner Bucht (Infotafel und Bilder). Reutin ist ein Stadtteil von Lindau und von dort ist es dann nicht weit bis zum Bahnhof. Ein kleines Areal der Bucht darf betreten werden und wir finden einen schönen Platz mit Blick auf das Ufer. Neben dem obligatorischen Eisvogel, einigen Teichhühnern und vielen Lachmöwen halten sich auch Pfeifenten (Bilder), Kolbenenten (eine davon auf dem Bild) und Schnatterenten (eine davon auf dem Bild) in dem kleinen Naturschutzgebiet auf. Am späten Nachmittag bringen wir Markus zum Bahnhof und Wolfgang und ich fahren nach Hard zurück.






Vogeltagesliste: Höckerschwan, Schwarzschwan, Stockente, Schnatterente, Spießente, Pfeifente, Krickente, Kolbenente, Reiherente, Gänsesäger, Zwergtaucher, Haubentaucher, Kormoran, Silberreiher, Graureiher, Weißstorch, Rotmilan, Mäusebussard, Sperber, Turmfalke, Teichhuhn, Blässhuhn, Alpenstrandläufer, Schmarotzerraubmöwe*, Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Ringeltaube, Eisvogel, Buntspecht, Grünspecht, Uferschwalbe, Rauchschwalbe, Baumpieper, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Rotkehlchen, Gartenrotschwanz, Mönchsgrasmücke, Klappergrasmücke, Zilpzalp, Kohlmeise, Blaumeise, Sumpfmeise, Schwanzmeise, Rabenkrähe
(* = persönliche Erstsichtung)