Mittwoch, 5. Juni 2013, (viel Sonne, ca. 22 Grad, sommerlicher Tag), Mittelelbe, Storchendorf Rühstädt und Lenzen
Das Wasser in der Elbe steigt immer noch. Und bevor Rühstädt, das sehr nah an der Elbe liegt, wegen Hochwasser nicht mehr erreichbar ist, fahren wir schon heute in das »Europäische Storchendorf«. Diesen Titel hat die Stiftung Euronatur Rühstädt (Bild) 1996 verliehen. Ungefähr 40 Kilometer südlich von Lenzen liegt Rühstädt. Der erste Halt ist am Besucherzentrum Rühstädt (Bild), das von Mitarbeitern des NABU und der Naturwacht gemeinsam betreut wird. Wir werden durch die Ausstellung »Weltenbummler Adebar« geführt und erhalten viele Informationen zur Lebensweise der Störche. Im April kommen zuerst die männlichen Störche aus ihren afrikanischen Winterquartieren zurück und beziehen ihr Nest. Das Weibchen folgt später. Die drei bis fünf Eier werden ungefähr einen Monat lang bebrütet. Ende Mai schlüpfen die Jungen, die Nestlingszeit beträgt weitere zwei Monate. Ab Mitte Juni werden die Jungvögel beringt. Ende August fliegen zuerst die Jungvögel, später die Altvögel ins tropische Afrika. In diesem Jahr sind 33 Brutpaare in Rühstädt. Ein Horst auf dem Besucherzentrum ist mit einer Kamera versehen, so kann man sehr bequem den Störchen bei ihrem Brutgeschäft zuschauen – aber das Schönste ist natürlich im Ort die Störche zu beobachten.
Da Störche bei der Aufzucht ihrer Jungen eine Menge an Nahrung benötigen, sind die Elbtalauen mit ihrem großem Angebot an Fröschen, Kröten, Mäusen, Regenwürmern und Insekten für die Weißstörche ideal. Und die Rühstädter sind mächtig stolz auf ihre Störche. Zu jedem Nest gibt es eine Storchentafel (Bild), wo die Ankunftszeit, die Anzahl der Jungen und das Abflugdatum eingetragen wird. Wir nehmen an einer Führung durch das Dorf teil, aber das Beste ist eine Scheune mit einem kleinen Balkon. Von der erhöhten Position kann man über das ganze Dorf sehen und auch in einige sehr nah gelegene Nester. Da gibt es dann den Storch bei der Gefiederpflege (Bild) und einen ganz entspannten Storch (Bild) zu sehen. Das Schönste sind die jungen Störche (Bilder), die noch ganz tapsige Bewegungen machen und sich im Schatten des Altvogels aufhalten. Na ja, hin und wieder ist ein Mutiger dabei und traut sich schon in die Sonne. Ein tolles Storchendorf. Wer in der Gegend ist, sollte unbedingt mal vorbeischauen.
Obwohl ganz hin und weg vor lauter Jungstörche nehme ich trotzdem wahr, dass in die Scheune Rauchschwalben einfliegen. Im Inneren sitzt eine im Nest (Bild) und brütet ihre Eier aus. Vor dem Scheunentor auf der Leitung hält eine Rauchschwalbe (Bild) einmal kurz still und man sieht ihr glänzend blauschwarzes Gefieder in der Sonne leuchten.
Am späteren Nachmittag bin ich dann zum ersten Mal auf eigene Faust losgezogen. Ich genieße es, ohne lange Anfahrtswege schnell in der Natur zu sein. In fünf Minuten bin ich an der Löcknitz und dahinter gibt es Schilf, kleine Feuchtgebiete, Weiden, Wiesen, Bäume und Büsche. Den Kuckuck hört man eigentlich immer, in der Nähe der Brücke singt jeden Tag der Gelbspötter, der Drosselrohrsänger schmettert auch sein Liedchen und die Rohrammer wiegt sich auf ihrem Schilfhalm im Wind. Es ist wunderbar. Ich suche alle Pfosten ab … Da sitzt ein Braunkehlchen (Bilder), lange, ganz ruhig. Dann zum nächsten Pfosten, guckt immer. Es fliegt in das Gras und kommt mit einem Wurm im Schnabel zurück. Bis ich langsam verstehe. Irgendwo muss das Nest sein. »Entschuldigung, ich wollte nicht stören«, murmel ich vor mich hin und ziehe mich zurück.
Vogeltagesliste: Graureiher, Weißstorch, Höckerschwan, Stockente, Schwarzmilan, Kranich, Ringeltaube, Kuckuck, Mauersegler, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Pirol, Star, Dohle, Rabenkrähe, Nebelkrähe, Drosselrohrsänger, Gelbspötter, Mönchsgrasmücke, Zilpzalp, Braunkehlchen, Hausrotschwanz, Rotkehlchen, Nachtigall, Amsel, Singdrossel, Kohlmeise, Haussperling, Feldsperling, Buchfink, Girlitz.