Samstag, 24. November 2018, Sidi Wassay (Sidi Ouassay), Nationalpark Souss Massa, Atlantikküste, 16 bis 19 Uhr, 18 Grad, sonnig
Marokko hat mich wieder ;-)). Gestern nachmittag bin ich in Marrakesch gelandet. Noch am Nachmittag habe ich einen kleinen Abstecher in den Park »Jardin El Harti« gemacht, um mich mit Samtkopf-Grasmücke, Graubülbül und Einfarbstar auf meine einwöchige Vogeltour einzustimmen. Ich habe eine Tour mit »Gayuin Birding Tours Morocco« gebucht. Brahim Mezane und seinen Fahrer Hamid kenne ich bereits von Reisen der letzten Jahre. Mit einem Birder aus England und einem weiteren aus Deutschland will ich mir den Bus teilen. Die Ziele der Reise sind der Hohe Atlas und die Wüste bei Erg Chebbi, beides Gebiete, die ich schon kenne, aber gerne nochmal besuchen möchte.
Es kommt dann alles ganz anders. Beide Herren treten – aus unterschiedlichen Gründen – diese Reise nicht an. Und so sitze ich jetzt am Samstag Vormittag im Bus von Brahim und werde gefragt, wohin ich denn fahren will? Nachdem er mir einige Vorschläge unterbreitet hat, entscheide ich mich für eine neue Tour, die mich in mir bereits bekannte Gebiete wie Atlantikküste und Atlasgebirge bringen wird, aber auch nach Guelmim und eine Wüstenlandschaft, die ich noch nicht kenne.
Unser heutiges Ziel sind die Atlantikküste und der Nationalpark Souss Massa, der 300 Kilometer südwestlich von Marrakesch liegt. In der Nacht hat es heftig geregnet, die Wolken haben sich noch nicht verzogen und so sieht auch ein so farbenfrohes Land wie Marokko (Bild) etwas grau aus. Doch bereits nach einer Stunde Fahrt lacht uns schon wieder die Sonne entgegen und eine Kleinstadt (Bild) leuchtet in freundlichen Farben. Wir durchqueren die Ausläufer des Hohen Atlas (Bild) und die Arganeraie, wie das Gebiet, auf dem die Arganbäume wachsen, genannt wird. Aus den Nüssen (Bild) des Arganbaumes, der nur in Marokko wächst, wird hochwertiges Öl für Küche und Kosmetikbedarf hergestellt.
Gegen 16 Uhr kommen wir in dem kleinen Ort Sidi Wassay (Bild) an. Zwei Waldrappe (Bild), die es sich auf einer Veranda gemütlich gemacht haben, erwarten uns schon. Herrlich. Wie im Januar 2017 beziehen wir unseren Beobachtungsplatz mit Blick auf Wiese und Brachland. Eine Theklalerche (Bild), die der Haubenlerche ziemlich ähnlich sieht, sucht auf dem Boden nach Futter. Auf einem nahe gelegenen Busch präsentiert sich eine Brillengrasmücke (Bilder). Weibchen und Vögel im ersten Winterkleid sind nicht so farbenprächtig wie ein adultes Männchen mit dem typisch grauen Kopfgefieder. Bei genauer Betrachtung des Fotos kann ich aber schon graue Kopffedern entdecken – es ist also ein Männchen. So schön und so lange habe ich den kleinen quirligen Vogel selten gesehen und weil er stillhält, gelingt per Digiskopie sogar ein gutes Foto. Beim Abscannen der Landschaft entdecken wir auf einem Steinhaufen Atlashörnchen (Bild), die das Umfeld inspizieren. Ein kleiner Trupp Bluthänflinge (zwei davon auf den Bildern) ist am Boden mit Futtersuche beschäftigt, danach versammeln sich die Vögel wieder auf einem Busch. Auch die zwei Steinkäuze (Bilder), die wir damals schon bewundert haben, sind anwesend. Diesmal etwas versteckter in einem Gestrüpp.
Aber ich bin vor allem auf der Suche nach den Trielen. Einen etwas schläfrigen Triel finden wir. Ich halte Ausschau nach Weiteren, jedoch ohne Erfolg. Vor zwei Jahren hatten wir hier um die Hundert Triele gesehen. Hmh, haben sie sich einen anderen Rastplatz gesucht? Als wir dann etwas weiter Richtung Meer laufen, ist alles wie gehabt. Locker verteilt sitzen und stehen wieder rund Hundert Triele (Bilder) auf dem Gelände. Tagsüber ruhen die Vögel mit den großen gelben Augen und dem auffallend schwarzspitzigen Schnabel. Erst in der Dämmerung und nachts suchen sie nach Nahrung, die hauptsächlich aus Insekten aller Art, Weichtieren, Würmern oder Spinnen besteht. Auch kleine Eidechsen, Schlangen, Jungvögel, Vogeleier und kleine Säugetiere gehören zu ihrem Beutespektrum. Ich kann mich gar nicht sattsehen an den ungewöhnlichen Vögeln und so entsteht eine ganze Fotoserie mit wachen, aufmerksamen oder schläfrigen Trielen.
Nicht weit von uns ruft ein Raubwürger (Bild), bekommt aber keine Antwort. Einfarbstare (Bild) haben sich auf einer Leitung versammelt und auch der hübsche Diademrotschwanz (Bild) zeigt sich bei dieser Reise zum ersten Mal. Gegen 18.30 Uhr geht langsam die Sonne unter und taucht Sidi Wassay (Bilder) in rotgoldenes Licht. Ich beschließe, noch an den Strand (Bild) zu gehen, und werde mit einem Kiebitzregenpfeifer (Bild, Video > Youtube) belohnt. Fünf Sanderlinge (einer davon auf dem Bild) »wuseln« zwischen den Steinen umher, während ein Regenbrachvogel (Bilder) bei der Nahrungssuche immer wieder eine Pause einlegt. Als die Sonne schließlich vollends im Atlantik (Bild) versinkt, ziehen über mir sieben Waldrappe (Bild) hinweg.
Vogeltagesliste: Kuhreiher, Waldrapp, Rohrweihe, Turmfalke, Triel (ca. 100), Kiebitzregenpfeifer, Sanderling, Regenbrachvogel, Mittelmeermöwe, Straßentaube, Türkentaube, Steinkauz, Theklalerche, Braunkehl-Uferschwalbe, Rauchschwalbe, Bachstelze, Diademrotschwanz, Hausrotschwanz, Schwarzkehlchen, Brillengrasmücke, Raubwürger elegans, Raubwürger algeriensis, Kolkrabe, Einfarbstar, Haussperling, Bluthänfling, Girlitz, Hausammer
Weitere Vogelsichtungen aus dem Nationalpark Souss Massa > Januar 2017.