Sonntag, 22. Mai 2022 (heiter, 14 bis 16 Grad, Wind 15 km/h, sonniger Frühlingstag, Hochwasser 6.13 und 18.25 Uhr), Katinger Watt, Naturschutzgebiet Grüne Insel mit Eiderwatt, Büsum, 12.15 bis 17.45 Uhr
Nachdem ich mich an dem Treiben in der Seevogelkolonie und den Küstenseeschwalben »sattgesehen« habe, bin ich ziemlich glücklich. Noch habe ich einen halben Tag vor mir. Am Eidersperrwerk sind heute am Sonntag sehr viele Leute unterwegs und ich entschließe mich, ins ruhigere Katinger Watt (Schild) zu radeln. Da gibt es nämlich eine Vogelrarität zu sehen, falls sie denn noch anwesend ist. Vom imposanten Beobachtungsturm (Bild) hat man einen weiten Blick auf den Katinger Priel (Bild) und den angrenzenden Wald dahinter. Der besondere Gast, ein Odinshühnchen (Bild), ist noch da. Die Entfernung ist leider sehr groß, das Hühnchen deswegen sehr klein – von daher taugt das Bild nur als schlechtes Belegfoto. Das Odinshühnchen überwintert am Persischen Golf und ist im Mai noch auf dem Zug in sein Brutgebiet, das in Island, Norwegen oder auch in Schweden liegt. Unterwegs rastet es sehr selten, deshalb ist es immer wieder eine große Freude, eines zu Gesicht zu bekommen. Die Säbelschnäbler (Bild) haben bereits Nachwuchs. Vier Küken werden von den Eltern beaufsichtigt. Schon am Vormittag habe ich kurz einen Seeadler fliegen sehen. Jetzt zeigt sich im Wald auf einer kahlen Baumspitze erneut ein Seeadler (Bild). Wunderbar.
Ebbe an der Eider
Mein nächstes Ziel liegt östlich des Eidersperrwerks. Hier gibt es entlang des Flusses Eider gleich mehrere Schutzgebiete (Schild): Naturschutzgebiet »Grüne Insel mit Eidervorland«, Naturschutzgebiet »Dithmarscher Eidervorland«, FFH-Gebiet »Untereider« und das Ramsar-Gebiet »S-H Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete«. Am nördlichen Rand des Eiderbettes begrenzt ein Damm den Fluss. Ich suche mir den Weg dorthin und folge diesem landeinwärts. Westlich des Weges liegen Speicherbecken (Bild) und ein Schutzgebiet namens »Nullgebiet« (Bild). Auf den kleinen Seen sind Möwen, Brandgänse, Pfeifenten, Schnatterenten und Reiherenten zu sehen. Da aber Ebbe ist, finde ich die großen Sandflächen der Eider (Bild) viel spannender. Vor mir ist ein Wiesenpieper (Bild) mit dem Schnabel voller Insekten gelandet. Auch er muss wohl schon hungrige kleine Schnäbel stopfen.
Sanderlinge und Sandregenpfeifer
Noch liegt die Wasserkante in einiger Entfernung, aber es gibt so manches sehen. Säbelschnäbler (Bild) und Pfuhlschnepfen sind auf Nahrungssuche. Eine Pfuhlschnepfe (Bild, Video auf Youtube) stochert unermüdlich im flachen Wasser. Es ist ein Männchen und schon fast im Prachtkleid. Die gesamte Unterseite erstrahlt in einem satten Rostrot. Mit seinem zehn Zentimeter langen Schnabel pult es Würmer, Krabben, kleine Krebstierchen und Weichtiere aus dem Sand. Im erwähnten Video hört man einen kräftigen, langgezogenen Ruf. Der stammt von einem Rotschenkel (Bild), der an den Küsten und im küstennahen Tiefland weitverbreitet ist. Die kleinen flinken Vögelchen am Ebbestrand sind Sanderlinge (Bilder) und Sandregenpfeifer (Bilder). Sanderlinge brüten in der arktischen Tundra und auf arktischen Inseln und sind hier nur auf dem Durchzug. Ihre Nahrung – Krebstiere, Würmer, Insekten und Fliegenlarven – finden sie entlang von Spülsäumen am Strand. Dagegen ist der Sandregenpfeifer (noch) ein Brutvogel im Küstengebiet der Nord- und Ostsee. Allerdings ist er als solcher in Deutschland vom Aussterben bedroht. Für die Vögel, die noch weiter in ihre nördlichen Brutgebiete ziehen, ist hier an der schleswig-holsteinischen Küste ein wichtiger Rastplatz, an dem sie sich im Frühjahr oft zu Tausenden einfinden.
Am Wattenmeer
Das Wasser steigt mittlerweile wieder an. Das bedeutet auch, dass viele Watvögel wieder näher an Land kommen. Deshalb fahre ich an das Wattenmeer (Bilder) und suche mir in der Nähe des Eidersperrwerks einen Platz. Weit draußen an der Wasserkante halten sich viele Vögel zum Fressen auf. Wegen der großen Entfernung kann ich sie aber nicht eindeutig bestimmen. Aber auch direkt vor meinen Füßen haben sich schon einige versammelt. Ein Steinwälzer (Bild) nimmt gerade ein Bad und eine Pfuhlschnepfe (Bild) hat offensichtlich Hunger. An der Mole haben es sich Eiderenten (eine davon im Bild) gemütlich gemacht. Eigentlich wollte ich hierbleiben, bis das Hochwasser gegen 18.25 Uhr seinen Scheitelpunkt erreicht und ich dann viele Vögel ganz nah sehen kann. Aber ich bin müde und entschließe mich gegen 16.45 Uhr zur Rückfahrt nach Büsum. Sind ja noch 20 Kilometer zu radeln.
Blaukehlchen und Bluthänfling
Nur wenige Meter südlich des Eidersperrwerks vernehme ich einen Gesang. Was ist das denn? Die Neugierde siegt, ich halte an – und entdecke direkt neben dem Weg ein Blaukehlchen (Bild, Video auf Youtube) in einem Busch sitzend. Am Morgen war ich ja sehr in Eile, dafür genieße ich jetzt das hübsche Vögelchen umso mehr. Zwei Bluthänfling-Weibchen (Bilder) tauchen dann auch noch auf und lassen sich von mir bewundern. Aber dann starte ich durch und bin gegen 17.45 Uhr wieder in Büsum (Bild). Ein schöner Tag heute!
Vogelnachmittagsliste: Höckerschwan, Graugans, Kanadagans, Weißwangengans, Brandgans, Stockente, Schnatterente, Löffelente, Pfeifente, Reiherente, Graureiher, Seeadler, Rohrweihe, Blässhuhn, Austernfischer, Säbelschnäbler, Sandregenpfeifer, Kiebitz- oder Goldregenpfeifer, Kiebitz, Sanderling, Steinwälzer, Alpenstrandläufer, Flussuferläufer, Rotschenkel, Uferschnepfe, Pfuhlschnepfe, Odinshühnchen, Lachmöwe, Silbermöwe, Ringeltaube, Kuckuck, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Wiesenpieper, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Blaukehlchen, Steinschmätzer, Amsel, Mönchsgrasmücke, Teichrohrsänger, Gelbspötter, Zilpzalp, Zaunkönig, Kohlmeise, Elster, Dohle, Saatkrähe, Rabenkrähe, Star, Haussperling, Bluthänfling