Sonntag, 22. Mai 2016 (sonnig, sehr windig, ca. 24 bis 26 Grad, sommerlicher Frühlingstag), Zicklacke, Pferdestall, Biologische Station, Albersee, Unterstinkersee, 9 bis 16.30 Uhr
Mit viel Sonne und sommerlichen Temperaturen ist das Wetter auch heute wieder herrlich. Allerdings weht ein starker Wind. Das bedeutet leider auch ein wackeliges Stativ und unscharfe Bilder. Als Erstes will ich zur Zicklacke, wo ich gestern schon so schöne Beobachtungen gemacht habe. Aber vorher biege ich noch auf einen Abstecher in einen kleinen Landwirtschaftsweg ein. In einer dichten Hecke hält sich ein Neuntöter-Pärchen auf. Die Weingartenanlage wird vom Neuntöter-Männchen (Bild) gerne angeflogen. Zurück auf der Straße, die zum Illmitzer Strandbad führt, radle ich an weiteren Weingärten und Wiesen vorbei. Im Herbst 2014 hatte ich hier meine erste Haubenlerche gesehen. Deshalb halte ich Ausschau und werde am Straßenrand auch fündig. Als ich mich einigen Haubenlerchen nähere, suchen sie Deckung zwischen den Weinstöcken. Und manchmal braucht es auch einen Platz mit Weitsicht. Eine Haubenlerche (Bilder) nimmt auf einem der quer gespannten Drähte Platz. Haubenlerchen sind Standvögel und bevorzugen offenes trockenes Grasland. Man trifft sie aber auch an Feld- und Straßenrändern und sogar in Industriegebieten an. Wichtig für die Haubenlerche ist das Vorkommen von Wildkräutern und Gräsern, deren Samen sie frisst. Zur Aufzucht der Jungen benötigt sie Regenwürmer, Käfer, Raupen oder Fliegen. In Deutschland liegt ihr Hauptverbreitungsgebiet im Nordostdeutschen Tiefland, wo sie wenig bewachsene und trockene Flächen mit niedriger Vegetation bewohnt, wie z.B. im Bereich von Großviehstallungen, landwirtschaftlichen Lagerplätzen oder Truppenübungsplätzen. Die Haubenlerche ist etwas größer als die Feldlerche und trägt ein graubraunes Gefieder. Ihre Haube und ihr Schnabel sind lang und spitz. Ich freue mich, dass ich sie dieses Mal so ausgiebig beobachten kann.
Um diese Jahreszeit sieht man in den Wiesen und Weingärten sehr viele Graugänse (Bild) mit ihren Jungtieren. Im Jahre 2014 gab es 1200 bis 1500 Brutpaare im Seewinkel (Quelle > Webseite Nationalpark Neusiedler See). Hinweisschilder (Bild) erinnern die Besucher, Rücksicht auf die Graugans-Familien zu nehmen. Mittlerweile bin ich an der Zicklacke angekommen und kann auch die beiden Steinwälzer wieder finden. Auch Zwergstrandläufer und Alpenstrandläufer (Bild) sind am Ufer auf Futtersuche. Mein nächster Halt ist die Beobachtungshütte am Pferdestall (Bild). Von hier kann man weit in die Schilfzone des Neusiedler Sees blicken. Auf einer kleinen Insel laufen zwei Kampfläufer (Bild) zwischen den ruhenden Kolbenenten hin und her. Aus dem nahen Schilf höre ich meinen ersten Drosselrohrsänger (Bild) dieses Jahres, der mich mit seinem lauten, rauen »Karra-karra-karra-krie-krie-krie«-Gesang erfreut.
Ich schaue noch kurz am Illmitzer Strandbad vorbei. Dort sind mir heute aber zu viele Leute. So kehre ich wieder um und entdecke noch eine Zwergscharbe (Bild), die von der Straße aus schön zu sehen ist. Bis jetzt hatte ich noch keinen richtigen Plan, wohin mich meine heutige Tour führen soll. Aber da ich sonntags den »normalen« Touristen gerne aus dem Weg gehe, beschließe ich, einen nicht so stark befahrenen Weg von der Biologischen Station, am Albersee vorbei, nach Norden zu fahren. Vor der Biologischen Station (Bild) wurden für Mehlschwalben (Bilder) künstliche Nester an einem kleinen Wandstück angebracht. Viele Nester sind belegt und es herrscht emsiges Treiben. Nördlich von der Biologischen Station schlage ich den mir unbekannten Weg ein und höre auch gleich einen Pirol rufen. Der Albersee (Bild) hat um diese Zeit schon sehr wenig Wasser, aber Rotschenkel, Säbelschnäbler, Stelzenläufer und einige Enten sind zu sehen. Der Weg (Bild), der bis zum Przewalski-Stall führt, ist sehr idyllisch. Links von mir liegen die weiten Schilfflächen des Sees und immer wieder tauchen Rohrweihen auf und fliegen ihre Runden über das Gebiet. Rechts neben dem Weg erstrecken sich lichte Wälder, Hecken und Wiesen. Nur zwei Radler und ein Ranger im Auto begegnen mir. Bald weiß ich auch, warum dieser Weg so wenig befahren ist. Feiner, tiefer Sand macht die Fahrt mit dem Rad sehr beschwerlich und mühsam, teils unmöglich. Dafür werde ich aber mit einem Wiedehopf belohnt, der nur wenige Meter vor mir am Boden nach Futter sucht.
Für den Rückweg nach Illmitz wähle ich die geteerten Radwege, die trotz des Windes um einiges bequemer sind. Am südlichen Ende des Unterstinkersees fährt man nur wenige Meter am Ufer vorbei. Auf einer flachen Insel sind Flussseeschwalben (Bild) schon beim Brüten. Ungefähr drei Meter vom Radweg entfernt sind auch zwei Säbelschnäbler (Bilder) bereits am Werk. Der eine sitzt auf dem Nest, sieht aber immer wieder beunruhigt auf, wenn Leute direkt davor stehenbleiben. Der zweite Säbelschnäbler beobachtet ebenfalls aufmerksam seine Umgebung. Der Säbelschnäbler ist der Vogel des Seewinkels und verziert nicht nur Broschüren oder Weinetiketten, sondern auch Haustüren. Entlang der salzhaltigen, wenig verschilften Lacken kann man ihn von März bis Oktober wunderbar beobachten. Durchschnittlich 150 Brutpaare wurden in den letzten Jahren gezählt.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans (mit vielen Gösseln), Brandgans, Stockente, Schnatterente, Krickente, Kolbenente, Reiherente, Jagdfasan, Schwarzhalstaucher, Haubentaucher, Zwergscharbe (1), Seidenreiher, Weißstorch, Löffler, Rohrweihe, Turmfalke, Teichhuhn, Blässhuhn, Säbelschnäbler, Stelzenläufer, Flussregenpfeifer, Kiebitz, Steinwälzer (2), Alpenstrandläufer (6+2), Zwergstrandläuer (1-2), Rotschenkel, Uferschnepfe (2), Kampfläufer (2), Lachmöwe, Mittelmeermöwe (?), Flussseeschwalbe (Kolonie), Ringeltaube, Türkentaube, Kuckuck, Wiedehopf (mind. 2) Blutspecht, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Nachtigall, Hausrotschwanz, Schwarzkehlchen (1), Amsel, Mönchsgrasmücke, Teichrohrsänger, Drosselrohrsänger, Kohlmeise, Neuntöter, Nebelkrähe, Rabenkrähe (?), Star, Pirol (rufend), Haussperling, Feldsperling, Buchfink, Stieglitz, Grünfink, Girlitz
Weitere Neusiedler-See-Touren im September 2014.