Samstag, 27. Juni 2020 (bewölkt, 21 bis 28 Grad, gewittriger Sommertag), Ismaninger Speichersee, Westbecken, Ostbecken, Abfanggraben, 8 bis 16 Uhr
Zum ersten Mal seit Februar packe ich mein Rad in die S-Bahn und fahre nach Ismaning. Von dort geht es, vorbei an Getreidefeldern und Kartoffeläckern, nach Süden zum Westbecken des Speichersees. Als ich die vielen Kirschen (Bild) auf der Landstraße sehe, ahne ich schon, was der Grund dafür ist. Stare (Bilder, Video auf Youtube) fressen im Sommer gerne Früchte und Beeren. Kirschen sind wohl ein »Festessen« für sie. Obwohl es gar nicht so einfach ist, nur mit dem Schnabel und ohne weitere Hilfsmittel an das Fruchtfleisch zu kommen. Die geselligen Vögel brüten meistens zweimal im Jahr und schon nach der ersten Brut sammeln sich Jungvögel und »Single-Stare« und ziehen durch die Lande. Ende Juli ist dann auch die zweite Brutzeit vorbei und die Schwärme werden immer größer. Die Stare im Jugendkleid erkennt man am matten, braunen Gefieder. Um die 150 Individuen wechseln von Baum zu Baum und fliegen anschließend wieder weiter.
Impressionen vom Westbecken
Es ist windstill, die Wasseroberfläche des Westbeckens (Bild) ist spiegelglatt. Ein Blässhuhn (Bild) findet auf dem flutenden Wasserhahnenfuß (Ranunculus fluitans) Nahrung. Eine Tafelente (Bild) hat es sich auf einem angeschwemmten Holzstück gemütlich gemacht. Und die Höckerschwan-Küken (Bild) sind gelehrige Schüler und lassen sich zeigen, wie man Pflanzen vom Grund holt. Grauschnäpper (Bild) sind sehr fotogene Vögel. Sie halten gerne still und kommen bei ihrer Nahrungssuche immer wieder an ihren Platz zurück.
Brandgänse und Kampfläufer am Ostbecken
Gegen 11 Uhr komme ich am Ostbecken an. Wie jeden Sommer zeigt sich die wunderschöne Blütenpracht (Bild) an den Ufern des Kanals. Auf der Kormoraninsel im Westbecken hatte ich die Gänse mit dem auffälligen Gefieder schon gesehen, auch hier rasten um die 20 Brandgänse (einige davon auf dem Bild). Sie gehören zur Familie der Entenvögel und zur Unterfamilie der Halbgans. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie von der Gestalt her Gänsen ähnelt, aber doch auch Merkmale von Enten aufweist. Manche Vögel tragen schon das Ruhekleid und es sind auch Jungvögel im ersten Alterskleid (Flügel sind gräulich und der Stirnhöcker ist noch nicht ausgebildet) dabei. Unweit der Brandgänse sucht ein Kampfläufer-Männchen (Bilder) nach Nahrung. In der Brutzeit haben die meisten Männchen einen schwarzen, orangen, kastanienbraunen oder weißen Kragen, den sie bei der Balz aufplustern. Teile dieses weißen Kragens kann man bei diesem Vogel noch erkennen.
Das Gewitter und der Pirol
Während ich mich noch über den hübschen Kampfläufer freue, sehe ich in der Ferne schwarze Wolken aufziehen. Eigentlich dachte ich, die Gewitter kommen erst am späten Nachmittag. So beschließe ich, mich auf den Heimweg zu machen. Aber kurz darauf fängt es auch schon zu regnen an und ich suche Schutz in einem kleinen Kastanienwald (Bild). Das Gewitter zieht bald weiter und ich setze meine Heimreise Richtung München fort. Beim Golfpark nähe Aschheim werfe ich noch einen schnellen Blick in den Abfanggraben, der hier zu einem kleinen See aufgestaut ist. Plötzlich ruft ein Pirol. 2013 hatte ich hier das letzte Mal einen Pirol gehört. Da es erst halb zwei Uhr ist, nehme ich mir die Zeit und fange zu suchen an. Die Laubbäume am Ufer (Bild) stehen sehr locker und ich habe etwas Einblick in das Blätterwerk. Einmal sehe ich einen Pirol (Weibchen oder Jungvogel) ganz kurz fliegen, finde ihn aber nicht mehr. Aber ich habe heute wirklich Glück und entdecke ein Pirol-Männchen (Bilder, Video auf Youtube) weit oben in der Krone eines Baumes. Mit ihrem leuchtend gelben Federkleid, den schwarzen Flügeln, dem schwarzem Schwanz und dem rötlichen Schnabel sind sie mit keinem anderen Vogel zu verwechseln. Bei Weibchen und bei Vögel im ersten Kleid ist die Oberseite grün, die Unterseite schmutzig weiß und fein gestrichelt. Pirole brüten im offenen Laubwald, gerne an Gewässern und im Auwald, auch in Parks. Von Mai bis August hält er sich in Mitteleuropa auf, er überwintert im tropischen Afrika. Der scheue und rastlose Vogel ist schwer zu beobachten, da er sich meist hoch im Laubwerk verborgen hält. »Mein« Pirol hier am Abfanggraben putzt sich jedoch ausgiebig sein Gefieder, dazwischen singt er kurz. So bleibt er eine Weile sitzen und ich kann ihn ausgiebig beobachten. Ich bin zwar gerade dabei mein Kreuz zu verrenken, so steil ist mein Spektiv eingestellt, aber für diesen Ausblick ist es mir wert. Der scheue, gelbe Vogel hat mich heute richtig glücklich gemacht.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Brandgans (11+22), Nilgans, Stockente, Tafelente, Kolbenente, Reiherente, Schellente, Haubentaucher, Kormoran, Silberreiher, Graureiher, Mäusebussard, Turmfalke, Blässhuhn, Bruchwasserläufer, Kampfläufer, Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Flussseeschwalbe, Ringeltaube, Mauersegler, Eisvogel, Buntspecht, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Rotkehlchen, Singdrossel, Wacholderdrossel, Amsel, Mönchsgrasmücke, Gartengrasmücke, Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Gelbspötter, Fitis, Zilpzalp, Zaunkönig, Grauschnäpper, Kohlmeise, Blaumeise, Schwanzmeise, Neuntöter, Rabenkrähe, Saatkrähe, Star, Pirol, Feldsperling, Buchfink, Stieglitz, Rohrammer, Goldammer