Montag, 5. September 2016 (anfangs bedeckt, dann sonnig, 21 Grad, schöner Herbsttag, Hochwasser 16.22 Uhr), Dithmarscher Speicherkoog, Wöhrdener Loch, Odinsloch, Kronenloch, 9 bis 16 Uhr
Gestern wurden Mornellregenpfeifer am Wöhrdener Loch gesichtet! Da bietet sich doch eine Nachsuche an. Die Schlechtwetterfront hat sich aufgelöst und für die ganze Woche wird schönes Wetter vorhergesagt. Ich radle die Deichstraße nach Süden zum Wöhrdener Loch. Auf einem Zaun haben sich Rauchschwalben, Mehlschwalben und Uferschwalben (Bild) versammelt. Letztere erkenne ich an dem braunen Federkleid. Als ich das Wöhrdener Loch erreiche, überlege ich, wo ich die Mornellregenpfeifer suchen soll. Ab Ende Juli räumen Mornellregenpfeifer ihre Brutplätze in den skandinavischen Fjäll- und Tundrengebieten. Viele der europäischen Vögel fliegen im August bzw. September nonstop in die nordafrikanischen Winterquartiere, aber manche legen auf ihren traditionellen Zugrouten auch eine Rast ein. Abgeerntete Felder oder kurzrasige Wiesen sind beliebte Rastplätze. In Bayern sind zum Beispiel die auf Anhöhen gelegenen, frisch umbrochenen Ackerflächen bei Seligenstadt (nähe Würzburg) ein bekannter Rastplatz. Anfang Oktober wurde auch bei Landshut ein Mornellregenpfeifer entdeckt. Ich stehe nun vor der weiten Marschlandschaft und hoffe den ca. 20 bis 24 Zentimeter großen Vogel zu finden. Ist nicht so einfach. In weiter Ferne sehe ich erstmal einen Birder am Straßenrand stehen. Den könnte ich doch mal fragen. Und – ich habe Glück – der nette Herr hat die Mornellregenpfeifer im Visier. Es sind insgesamt sechs diesjährige Mornellregenpfeifer (einige davon auf den Bildern), die sich auf der Wiese aufhalten. Anhand des langen, im Nacken zusammenlaufenden hellen Überaugenstreifs und dem weißen Brustband kann man sie bestimmen. Aufmerksam beobachten sie die Umgebung. Manchmal läuft einer schnell und geduckt über das Gras, bleibt stehen, pickt etwas auf und stellt sich dann wieder in die Beobachterpose. Ich kann sie lange und schön sehen und den Standort der Vögel auch gleich an drei Hamburger Birder weitergeben. Die nächsten Tage hatte ich kein Glück mehr und ich habe die Mornellregenpfeifer nicht mehr gefunden, aber bis Mittwoch wurden sie von anderen Vogelbeobachtern noch gesehen.
Nach diesem schönen Erlebnis radle ich weiter nach Süden zum Odinsloch (Bild). Die kleinen Seen liegen direkt neben der Straße. Einer der Hamburger Vogelbeobachter winkt mir schon heftig zu. Ein Teichwasserläufer (Bild) wurde entdeckt. Als ich vom Fahrrad absteige, fliegt der Vogel leider etwas nach hinten ab. Den in Mitteleuropa sehr seltenen Vogel habe ich erst einmal im September 2014 am Neusiedler See (> Artikel) gesehen. Deshalb ist meine Freude sehr groß. Der grau-weiße Vogel mit seinen sehr langen Beinen und dem dünnen, geraden Schnabel lebt zur Brutzeit in den Steppenzonen Osteuropas. Er überwintert in Afrika südlich der Sahara. Ziemlich nah kann ich auch noch einen Steinschmätzer (Bild) und einen Flussuferläufer (Bild) am Ufer entlang laufen sehen.
Mein Tour führt mich weiter nach Süden, an einem Campingplatz vorbei bis zum Meldorfer Hafen. Von dort sind es noch ca. 1,5 Kilometer landeinwärts bis zu einem kleinen Parkplatz auf dem sich der Beobachtungsturm Kronenloch (Bild) befindet. Es ist mittlerweile 13 Uhr und der Blick vom Turm geht nach Süden, das heißt dass die Sonne ziemlich blendet. Aber es ist ein schöner Platz mit weiter Sicht auf das Kronenloch und die kleine Sandbank. Überwiegend Kiebitze, aber auch Sandregenpfeifer, einige Dunkle Wasserläufer, Alpenstrandläufer, Sichelstrandläufer (Bild) und Kampfläufer (Bild) machen hier Rast. Und zu meiner Überraschung finde ich auch hier einen Teichwasserläufer (Bilder). Ob das der gleiche Vogel ist, den ich am Odinsloch gesehen habe, kann ich nicht eindeutig sagen. Laut Ornitho-Portal sind in dieser Woche ein einziges Mal zwei Teichwasserläufer gleichzeitig gesehen worden.
Gegen 15 Uhr mache ich mich wieder auf den Rückweg nach Büsum. Das Flut steigt und ich bin neugierig, was heute am Wöhrdener Loch (Bild) zu sehen ist. Einige Beobachter sind vor Ort und man tauscht sich über die Mornellregenpfeifer aus, die ich nachmittags leider nicht mehr gefunden habe. Ein Wanderfalke (Bild) hat auf einem Zaunpfosten Platz genommen. An den Ufern rasten Kampfläufer (Bild) und auch Pfuhlschnepfen und ca. 50 Große Brachvögel (Bild) haben sich in das Schutzgebiet zurückgezogen. Zwischen den Kiebitzen finde ich noch einen Kampfläufer (Bild). Immer wieder fliegen größere Vogeltrupps ein, darunter auch ca. 150 Goldregenpfeifer (Bild). Soviele Goldregenpfeifer habe ich noch nie gesehen – das ist ja phantastisch. Aber dazu gibt es noch eine andere Geschichte …
Vogeltagesliste: Graugans, Brandgans, Stockente, Schnatterente, Löffelente, Pfeifente, Krickente, Tafelente, Reiherente, Kormoran, Graureiher, Mäusebussard, Turmfalke, Wanderfalke, Blässhuhn, Kranich (5), Austernfischer, Sandregenpfeifer, Mornellregenpfeifer (6), Goldregenpfeifer, Kiebitz, Steinwälzer, Alpenstrandläufer, Sichelstrandläufer, Bruchwasserläufer, Flussuferläufer, Rotschenkel (?), Dunkler Wasserläufer, Teichwasserläufer, Pfuhlschnepfe, Großer Brachvogel (ca. 50), Bekassine, Kampfläufer (ca. 30), Lachmöwe, Silbermöwe, Ringeltaube, Türkentaube, Uferschwalbe (2), Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Steinschmätzer, Amsel, Blaumeise, Kohlmeise, Dohle, Rabenkrähe, Star, Haussperling, Buchfink, Bluthänfling