Freitag, 12. September 2014 (bedeckt, am späten Nachmittag sonnig, ca. 12 bis 17 Grad, Herbsttag), Zicklacke, Pferdekoppeln bei Illmitz, Graurinderkoppel, 10 bis 17 Uhr
Weil der Wetterbericht für heute weitere Regenschauer angekündigt hat, will ich keine große Tour unternehmen. Mein Ziel ist der Aussichtsturm »Graurinderkoppel Seevorgelände« (im Plan grün eingezeichnet) südlich von Illmitz. Mein erster Halt ist die Zicklacke. Neben Dunklen Wasserläufern, Kampfläufern und Bruchwasserläufern fällt mir ein besonders graziler Watvogel auf. Die Länge der Beine kann ich nur schätzen, da der Vogel im Wasser steht, aber der dünne, lange Schnabel und der schlanke Körper deuten auf einen Teichwasserläufer (Bilder) hin. Dieser brütet in nassen Wiesen und Sümpfen in Steppenzonen von Osteuropa bis nach Zentralsibirien. Während seines Zuges nach Afrika rastet er an Flachwasserzonen im Binnenland. In Mitteleuropa ist er ein seltener Gast. Am Neusiedler See werden zur Zugzeit maximal 20 Individuen gesichtet.
Ich fahre weiter Richtung Strandbad Illmitz. Nach einem knappen Kilometer biege ich nach Süden zum Kirchsee ab, der aber momentan trocken liegt. Bei einem Wanderweg geht es an einer Wasserpfütze hoch her. Feldsperlinge, Amseln und Stare baden im seichten Wasser, schütteln und plustern sich und fliegen zur abschließenden Gefiederpflege zum nächstgelegenen Ast. In einem Garten ist ein Grauschnäpper (Bild) unterwegs. Auf der anderen Seite des Weges grasen Pferde in den eingezäunten Weiden (Bild). Hier sehe ich endlich einen Blutspecht (Bilder), den ich die letzten Tage bereits etliche Male gehört hatte. Auf der Suche nach Nahrung klettert er die morschen Holzpfosten rauf und runter. Der Blutspecht sieht dem Buntspecht ziemlich ähnlich. Sie sind fast gleich groß und beide weisen das schwarz-weiße Gefieder mit dem weißen ovalen Schulterfleck auf. Das Unterscheidungsmerkmal liegt im schwarzen Band, das vom Schnabel in einem Bogen bis zum Nacken reicht. Beim Blutspecht ist es, im Gegensatz zum Buntspecht, unterbrochen. So wirkt sein Gesicht heller. Eine erfahrene Vogelbeobachterin, die schon seit vielen Jahren ihren Urlaub hier verbringt, erklärt es mir auf eine schöne einfache Weise: »Der Buntspecht hat an den Wangen ein schwarzes X, der Blutspecht nicht.« Das Verbreitungsgebiet des Blutspechts liegt eigentlich im Nahen und Mittleren Osten, mittlerweile erstreckt es sich aber bis ins östliche Mitteleuropa. Mehr dazu > Wikipedia. Gestern hatte ich bereits eine Haubenlerche kurz gesehen. Nun habe ich erneut Glück und zwei Haubenlerchen (Bilder) sitzen fotogen auf den großen Heuballen.
Nach einer Stunde Vogelgucken fahre ich weiter durch eine abwechslungsreiche Landschaft zum Aussichtsturm »Graurinderkoppel Seevorgelände« westlich von Apetlon. Von hier habe ich einen grandiosen Blick in die Bewahrungszone Sandeck-Neudegg (Bild). Und in südlicher Richtung kann ich bis nach Ungarn sehen, wo am Horizont die dunklen Regenwolken hängen. Auf den Wiesen halten sich Silberreiher, Große Brachvögel und Kiebitze auf. Die Hauptattraktion sind für mich allerdings die ca. 30 Löffler (Bilder), die gar nicht weit von mir entfernt stehen. Anhand des löffelförmig verbreiterten Schnabels ist der Löffler gut zu bestimmen. Er ist ein Koloniebrüter und baut sein Nest im Schilf oder auf Büschen. Das Verbreitungsgebiet reicht von Süd-, West- und Mitteleuropa über Vorderasien und den Nordosten Afrikas bis nach Ostasien. Auf der Großen Schilfinsel im Neusiedler See brüten ca. 40 bis 90 Paare. Die Wintermonate verbringt der Löffler in Afrika. Ein noch nicht ausgewachsenes Individuum erkennt man am hellen Schnabel. Ein solcher Jungvogel (Bild) fällt mir auf, weil er dem Altvogel immer hinterherläuft und lautstark bettelt. Das ist sogar für mich als Zuschauer »nervig«, doch der Elternvogel bleibt gelassen. Er macht aber auch keine Anstalten, sein Junges zu füttern. Ein anderer Vogel entspannt sich auf seine spezielle Art. Auf einer etwas abschüssigen Wiese sitzt der Löffler (Bild) mit abgeknickten Beinen. Das schaut ziemlich stabil aus, oder?
Auf einem nahe gelegenen Busch verspeist ein Turmfalke (Bild) eine Maus. Ich bin auf dem Aussichtsturm mittlerweile nicht mehr alleine. Der eine Vogelbeobachter ist zwar schon wieder gegangen, aber drei Frösche sitzen in einigen Ritzen und quaken. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich um Springfrösche oder Balkan-Moorfrösche handelt. Ich tendiere aber zu Letzterem. Und da sie so schön ruhig sitzen, gibt es auch ein paar Bildchen vom nicht eindeutig bestimmten Balkan-Moorfrosch (Bilder).
Meine Woche ist nun schon wieder vorbei. Am Neusiedler See mit seinen angrenzenden Gebieten gibt es für jeden Vogelbeobachter sehr viel zu entdecken. Im Naturschutzzentrum kann man sich umfangreiches Informationsmaterial besorgen. Ich komme sicher wieder hierher, und dann hoffentlich zu den Balzzeiten (April bis Mitte Mai) der Großtrappen. Die würde ich gerne mal sehen.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Stockente, Schnatterente, Löffelente, Pfeifente, Krickente, Jagdfasan, Haubentaucher, Zwergscharbe, Seidenreiher (ca. 10), Silberreiher (ca. 50), Graureiher, Löffler (ca. 30), Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Baumfalke, Blässhuhn, Säbelschnäbler, Stelzenläufer, Sandregenpfeifer, Kiebitz, Alpenstrandläufer, Zwergstrandläufer, Bruchwasserläufer, Dunkler Wasserläufer, Teichwasserläufer, Großer Brachvogel, Kampfläufer, Lachmöwe, Straßentaube, Blutspecht, Haubenlerche, Rauchschwalbe, Bachstelze, Hausrotschwanz, Braunkehlchen, Amsel, Mönchsgrasmücke, Fitis, Grauschnäpper, Kohlmeise, Blaumeise, Neuntöter, Nebelkrähe, Star, Haussperling, Feldsperling, Stieglitz
















