Sonntag, 7. September 2014 (morgens bedeckt, regnerisch, am Nachmittag sonnig, ca. 16 bis 23 Grad, schöner Herbsttag), Zicklacke, Pferdestall, Sandeck, 9.30 bis 17 Uhr
Von meiner Illmitzer Pension sind es mit dem Fahrrad ungefähr fünf Minuten zum ersten Vogelbeobachtungsplatz, der Zicklacke, die am Weg zum Strandbad Illmitz liegt (Plan). Ich genieße es, keine langen Anfahrtswege zu haben und freue mich auf eine Woche mit vielen neuen Entdeckungen. Am breiten Ufer des flachen Salzsees (Bild), der im Sommer auch austrocknen kann, gibt es viel zu sehen: etwa zehn Sandregenpfeifer, Alpenstrandläufer, Kampfläufer, Zwergstrandläufer und über hundert Säbelschnäbler (einige davon im Bild). Der Säbelschnäbler ist an den salzhaltigen, wenig verschilften Lacken weit verbreitet. 2009 und 2010 brüteten 250 bis 280 Paare, allerdings mit vergleichsweise geringem Bruterfolg (Quelle: Artenliste der Vögel des Neusiedler See Gebiets, Stand Febr. 2011). Das Wetter ist etwas diesig und es ist schwierig, in der Ferne Vögel bestimmen zu können. So konzentriere ich mich auf eine Klappergrasmücke (Bild), die in einem nur wenige Meter von mir entfernten Busch nach Nahrung sucht.
Mein nächster Halt führt mich zum Pferdestall. Hinter einem kleinen Wäldchen fahre ich auf einer sandigen Straße an einem Weingarten vorbei zu einer Aussichtsplattform (Bild), die einen Blick in den weiten Schilfgürtel des Neusiedler Sees bietet. Zwei Fotografen mit großer Ausrüstung und einige weitere Leute sind schon vor Ort. Die Eisvögel (einer davon im Bild), die ihren Lieblingsplatz auf den Pfosten der Pferdekoppel haben, sind nicht scheu und lassen sich ausgiebig beobachten. Auch eine Türkentaube (Bild) hat sich auf einem Baum in der Weide niedergelassen. Im flachen See kann ich Mittelmeermöwen, Graureiher (Bild) und einen Seidenreiher (Bild) ausmachen. Ein Rohrsänger hüpft zwischen den Schilfstängeln umher. Ohne Gesang kann ich ihn aber nicht bestimmen.
Hinter dem Aussichtsplatz erstreckt sich eine Wiese mit Sträuchern und Bäumen. Auf einem Ast versammeln sich einige Stare (Bild), die ihr weiß gepunktetes Schlichtkleid tragen. Einer hat noch die braunen Federn des Jugendkleides auf dem Kopf. Erneut entdecke ich eine Klappergrasmücke (Bilder), die ich anhand ihrer grauen Kappe, der hellen Kehle und den dunkelgrauen Beinen bestimmen kann. Ein jugendlicher Neuntöter (Bilder) hat seinen Lieblingsplatz auf einem frei stehenden Busch. In regelmäßigen Abständen fliegt er über die Wiese, um Insekten zu fangen. Er kommt aber immer wieder zurück auf seinen Ast.
Einige weitere Neuntöter und zwei Braunkehlchen entdecke ich auf dem schönen Lackenrundweg (B20), der durch Weingärten, Feuchtwiesen und Brachflächen führt und mich zum Aussichtsturm am Sandeck (Bild) bringt. Der ehemalige ungarische, 16 Meter hohe Grenzwachturm wurde 1994 an diese Stelle verlegt. Es ist zwar etwas kompliziert, mit Spektiv und Stativ die engen und steilen Stufen hochzusteigen, aber mich erwartet ein toller Ausblick. Man kann weit in die unberührten Naturzonen des Neusiedler Sees sehen. So kann ich auch meine ersten Löffler (Bild) beobachten. Ungefähr 150 Individuen haben sich versammelt. Nicht nur bei Vogelbeobachtern ist dieser Platz bekannt, auch viele Radfahrer, Wanderer und Familien mit Kindern sind am heutigen Sonntag hier unterwegs. Als touristische Attraktion sind die weißen Esel der Gegend sehr beliebt. Der Nationalpark züchtet die vom Aussterben bedrohten österreichisch-ungarischen Albinoesel. Gleichzeitig hilft die Beweidung, die Vegetation kurz zu halten und so wertvolle Lebensräume für Vögel und Pflanzen zu erhalten.
Ich freue mich über zwei junge Hausrotschwänze (Bilder), die sich um den besten Platz auf einem Holzpfosten streiten. Ich halte aber vor allem Ausschau nach den Bienenfressern, die immer wieder am Sandeck gesichtet werden. Am Nordufer des Neusiedler Sees, haben die Bienenfresser in der Nähe der Ortschaft Weiden am See Brutplätze gefunden. Ende Juli sind Brut und Aufzucht der Jungen vorbei und die Bienenfresser ziehen in Trupps umher, bevor sie im August in ihr Winterquartier im südlichen Afrika aufbrechen. Deshalb braucht man, jetzt im September, ein bisschen Glück, um sie sehen zu können. Während ich noch auf dem Turm stehe, höre ich plötzlich den typischen Ruf »prrüt« (Tonbeispiel > Avisoft Bioacoustics) des Bienenfressers. Etwa 30 Vögel fliegen über mich hinweg. Einige der schönen, farbenprächtigen Vögel landen auf abgestorbenen Bäumen in der Schilfzone. Der Bienenfresser (Bilder) ist ein Koloniebrüter und legt sein Nest in Erdhöhlen oder Sandgruben an. Er bevorzugt warmes Klima und ist daher in Südeuropa weit verbreitet. Am Kaiserstuhl (Schwarzwald) gibt es mittlerweile auch in Deutschland eine Kolonie. Mit dem langen, nach unten gebogenen Schnabel, den spitzen Flügeln, seinem langen Schwanzspieß und dem exotischen Aussehen ist er unverwechselbar. Toll, dass ich ihn noch sehen kann. Der Radweg führt mich durch ein großes Schilfgebiet und vorbei an weiteren Salzlacken zurück nach Illmitz. Ein Stelzenläufer (Bild) lässt sich zum Abschluss des Tages ausführlich bewundern.
Vogeltagesliste Zicklacke, Pferdestall, Sandeck: Höckerschwan, Graugans, Stockente, Schnatterente, Löffelente, Pfeifente, Krickente, Haubentaucher, Kormoran, Seidenreiher, Silberreiher, Graureiher, Löffler* (ca. 150 am Sandeck), Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Blässhuhn, Säbelschnäbler, Stelzenläufer, Sandregenpfeifer, Kiebitz, Alpenstrandläufer, Zwergstrandläufer, Dunkler Wasserläufer, Kampfläufer, Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Seeschwalbe, Türkentaube, Eisvogel, Bienenfresser (ca. 30), Blutspecht* (rufend), Mehlschwalbe, Bachstelze, Hausrotschwanz, Braunkehlchen, Klappergrasmücke, Mönchsgrasmücke, Teich-/Sumpfrohrsänger (?), Drosselrohrsänger, Zilpzalp oder Fitis, Kohlmeise, Blaumeise, Neuntöter, Nebelkrähe, Star, Feldsperling
(* = meine persönliche Erstsichtung)
