Donnerstag, 26. Mai 2016 (sonnig, 20 bis 25 Grad, warmer Frühlingstag), südöstlicher Neusiedler See (Fertö-Hanság Nemzeti Park), 9 bis 17 Uhr
Da der Wind etwas nachgelassen hat und auch Markus und Wolfgang die Ungarn-Tour machen wollen, beschließen wir, gemeinsam an das südöstliche Ende des Neusiedler Sees zu radeln. Nach einem kurzen Halt südlich von Apetlon, wo wir drei Kraniche entdecken, erreichen wir nach wenigen Kilometern die Grenze zu Ungarn. Hier biegen wir von der Hauptstraße in einen geteerten Radweg ein, der uns an Wiesen und Äckern vorbei zunächst bis nach Fertöújlak führt. Nach dem kleinen Ort fahren wir durch die »Mexikópuszta«, wo wir auf einer Wiese ein Ziesel sehen können. Den ersten längeren Aufenthalt legen wir auf der großen Aussichtsplattform (Bild) neben der Straße ein. Von hier überblicken wir das südliche Ende des Neusiedler Sees, allerdings sind die Entfernungen sehr weit. In der Nähe einer kleinen grasbewachsenen Insel entdecken wir ungefähr 25 Trauerseeschwalben (Bilder), die knapp über der Wasseroberfläche auf Insektenfang unterwegs sind. Die Trauerseeschwalbe gehört zur Gattung der Sumpfseeschwalben. Diese kennzeichnet im Gegensatz zu den weißen Seeschwalben ein etwas trägerer, schaukelnder Flug. Ihre Flügel sind etwas kürzer und breiter und sie haben schwächer gegabelte Schwänze. Sie jagen Insekten im Flug und picken Nahrung von der Wasseroberfläche auf. Die Trauerseeschwalbe weist im Prachtkleid eine einfarbig graue Oberseite auf, Kopf, Brust und Unterseite sind schwarz. Sie hält sich von Ende April bis September in Europa auf, den Winter verbringt sie in Afrika. In Mitteleuropa ist sie als Brutvogel selten, aber ein regelmäßiger Durchzügler, auch hier am Neusiedler See. Mehr Infos > Webseite Nationalpark Neusiedler See.
Einen weiteren, jedoch weniger häufigen Durchzügler finden wir ebenfalls in diesem Gebiet. Zwischen schwimmenden Lachmöwen halten sich vier Zwergmöwen (einige davon auf den Bildern) auf. Sie sind deutlich kleiner als Lachmöwen, haben einen kleinen dunklen Schnabel und im Prachtkleid einen schwarzen Kopf. Im Schlichtkleid erscheint der Kopf hell mit schwärzlichem Scheitel und schwarzem Ohrfleck. Im Jugendkleid zeigen sich bei der Dreijahresmöwe Kopf, Mantel und Rücken ausgedehnt schwärzlich-braun gemustert. Im April und Mai zieht sie entlang von Küsten oder großer Flüsse in den Nordosten Europas. Ihr Brutgebiet reicht von Skandinavien über Osteuropa bis ins Westsibirische Tiefland. Der Wegzug in die Überwinterungsgebiete an den Küsten Westeuropas und des Mittelmeerraums erfolgt zwischen August und Oktober. Wie die Sumpfseeschwalben pickt sie Nahrung von der Wasseroberfläche auf und jagt Insekten im Flug. Der Neusiedler See ist für die Zwergmöwe ein wichtiger Binnenrastplatz. Mehr Infos > Webseite Nationalpark Neusiedler See.
Wir fahren weiter, queren nach wenigen Metern den Einserkanal und biegen nach der Brücke in westlicher Richtung ab. Der kleine Weg führt uns am Kanal entlang, bis wir zu einer weiteren Aussichtsplattform kommen. Diese bietet uns einen sehr guten Einblick in den Kanal mit seinen dicht bewachsenen Schilfufern. Anfangs ist es sehr still und wir sehen auch kaum Vögel, aber dann beginnt der Drosselrohrsänger (Bilder), seine rauen, knarrenden Strophen zu singen (Tonbeispiel > Avisoft Bioacoustics). Zum Brüten benötigt er hohes, dichtes Schilf, das er am Neusiedler See weiträumig vorfindet. Der Drosselrohrsänger kommt erst Ende April aus dem afrikanischen Überwinterungsgebiet zurück. Er sieht dem Teichrohrsänger sehr ähnlich und wird als dessen »großer Bruder« bezeichnet. Er ist nicht nur größer, sondern unterscheidet sich auch durch einen längeren Schnabel und einen breiten, hellen Überaugenstreif. Das eindeutigste Unterscheidungsmerkmal ist allerdings sein unverwechselbarer Gesang. Mehr Infos > Webseite Nationalpark Neusiedler See.
Nicht nur der Drosselrohrsänger »besingt« uns am Einserkanal, auch der Schilfrohrsänger (Bilder) stimmt eifrig ein. Sein aufgeregter Gesang besteht aus trillernden und pfeifenden Tönen, manchmal imitiert er auch andere Vögel (Tonbeispiel > xeno-canto.org). Er singt sehr ausdauernd und lässt sich wunderbar beobachten, da er nach seinen kurzen Flügen immer wieder an die gleiche Stelle – einige blattlose Zweige, die über das Schilf hinausragen – zurückkehrt. Mit 4000 bis 7000 Brutpaaren ist das Vorkommen am Neusiedler See nicht nur das größte in Österreich, sondern eines der größten in ganz Mitteleuropa. Der Schilfrohrsänger zählt zu den sogenannten »gestreiften« Rohrsängern. Der Begriff leitet sich von der Kopfzeichnung ab, die mit dem braunen Scheitel, dem breiten beigen Überaugenstreif und dem dunklen Zügel »gestreift« aussieht. Mehr Infos > Webseite Nationalpark Neusiedler See.
Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Brandgans, Stockente, Schnatterente, Löffelente, Knäkente, Kolbenente, Wachtel (Ruf), Jagdfasan, Zwergscharbe, Nachtreiher, Seidenreiher, Silberreiher, Graureiher, Purpurreiher, Weißstorch, Löffler, Seeadler (2), Kaiseradler, Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Baumfalke, Blässhuhn, Kranich (3+1), Säbelschnäbler, Stelzenläufer, Flussregenpfeifer, Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe (8), Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Zwergmöwe (4), Flussseeschwalbe, Trauerseeschwalbe, Ringeltaube, Türkentaube, Kuckuck (Ruf), Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Wiesenschafstelze, Hausrotschwanz, Singdrossel, Amsel, Dorngrasmücke, Schilfrohrsänger, Drosselrohrsänger, Neuntöter, Elster, Dohle, Saatkrähe, Star, Haussperling, Feldsperling, Bluthänfling, Stieglitz, Grünfink, Girlitz, Rohrammer, Grauammer
Weitere Neusiedler-See-Touren im September 2014.













