Freitag, 30. Mai 2014 (Sonne, tagsüber wenig Wind, 11 bis 15 Grad, kühler Frühlingstag), Düne, 8 bis 15.30 Uhr; Oberland (sehr windig), 20.30 bis 22 Uhr
Heute geht es nochmal auf die Düne. Um den Touristen etwas aus dem Weg zu gehen, fahre ich schon früh auf die Badeinsel. Auf dem noch menschenleeren Nordstrand kann ich Austernfischer, Nebelkrähen, Silbermöwen und Heringsmöwen bei der Futtersuche beobachten. Eine Heringsmöwe und eine Silbermöwe (Bild) stehen direkt nebeneinander und laden zu einem Vergleich ein. Sie sind fast gleich groß. Die Silbermöwe hat einen hellgrauen Mantel und rosa Beine, die Heringsmöwe einen dunkelgrauen Mantel und gelbe Beine. Weit draußen auf dem Meer ist eine Gruppe Basstölpel (Bild) mit Fischefangen beschäftigt. Sie stürzen sich mit hoher Geschwindigkeit aus zehn bis zwanzig Metern Höhe ins Meer. Das Wasser spritzt nur so auf. Mit angelegten Flügeln erreichen sie beim Stoßtauchen Geschwindigkeiten bis zu 100 Stundenkilometer. Durch die gemeinschaftliche Jagd können sie mehr Beute erzielen, da die tauchenden Basstölpel die Fische verwirren.
Ich wandere an den Seehunden und Kegelrobben vorbei bis zur Nordost-Mole. Im Osten der Insel liegt ein Kiesstrand, der Aade genannt wird. In den Dünen (Bilder) verbirgt sich eine große Heringsmöwen-Kolonie. Im letzten Jahr wurden auf der Düne 606 Brutpaare gezählt (Quelle: Vogelwarte Helgoland). In gebührender Entfernung können wir – mittlerweile habe ich Gudrun eingeholt – die Heringsmöwen (Bilder) gut beobachten. Man sieht manche Vögel auf dem Nest sitzen, andere stehen in der Nähe und passen auf. Die Heringsmöwen sind Vierjahres-Möwen. Das besagt, dass sie vier Jahre benötigen, bis sie in ihr adultes Federkleid gewechselt haben. Mehr dazu im Artikel vom September 2013. Die Heringsmöwe brütet in Kolonien auf Island sowie entlang der europäischen Küsten bis nach Sibirien. Sie bevorzugt als Brutplatz die unmittelbaren Küstenstriche, ist aber auch an Binnengewässern anzutreffen. Ein großer Teil der westeuropäischen Vögel überwintert an der französischen Atlantikküste und am Mittelmeer. Die nördlicheren Populationen ziehen noch weiter südlich bis nach Afrika. Während wir noch die Heringsmöwen beobachten, läuft nicht weit von uns ein Sandregenpfeifer (Bild) über den steinigen Untergrund.
Nach einem kleinen Abstecher zum Südstrand, wo ein Alpenstrandläufer (Bild) schön zu sehen ist, geht es weiter in das Innere der Insel zum Golfteich (Bild). Wunderschön liegt er vor uns, von Heckenrosen, Schilfsäumen und kleinen Bäumen eingerahmt. Der Teich ist ein beliebter Badeplatz von Silbermöwen und Heringsmöwen (Bilder). Auf den Seerosenblättern entdecke ich einen Bruchwasserläufer (Bilder), der nur wenige Meter vor uns entlangläuft. Da ich diesen noch nie so nah gesehen habe und er so zierlich und elegant aussieht, tippe ich zunächst auf einen Teichwasserläufer. Wir versuchen, bei den gelegentlichen kurzen Flügen den langen schmalen Keil am Rücken zu sichten. Das wäre unter anderem ein Unterscheidungsmerkmal. Es gelingt uns aber nicht, ihn eindeutig zu bestimmen. Bald kommen einige Ornis des Weges und identifizieren den Vogel als Bruchwasserläufer. So ist die Sache der Bestimmung dann erledigt und die Fotos bestätigen das auch. Noch ein kleiner Größenvergleich. Eine Amsel misst ca. 24 bis 29 cm, der Bruchwasserläufer ist mit einer Größe von 19 bis 21 cm deutlich kleiner.
Auf dem See gibt es auch sonst noch einiges zu sehen. Neben einigen exotischen Rotwangenschildkröten, die ausgesetzt wurden, ist hier auch eine Stockente (Bild) mit ihren Küken heimisch. Ein Waldwasserläufer (Bild) stakt unter den Bäumen am Ufer entlang. Während ich zumeist am liebsten durch das Spektiv gucke, verpasse ich vermutlich viele Vögel am Himmel. Diesmal weisen mich die umstehenden Vogelgucker auf einen Wespenbussard (Bilder) hin, der langsam über uns hinwegzieht. So nah konnte ich ihn bisher noch nie sehen. Nachdem wir noch beim Grillteich und dem Friedhof der Namenlosen vorbeigeschaut haben, beenden wir unsere Dünen-Tour und fahren zurück zur Hauptinsel.
Da ich an der Führung durch den Fanggarten des Instituts für Vogelforschung »Vogelwarte Helgoland« – im Gegensatz zu Gudrun – noch nicht teilgenommen habe, spaziere ich in das Oberland. Um 16.30 Uhr beginnt die einstündige Führung. Knapp 30 Personen warten schon vor dem Eingangstor. Stefanie Pfefferli erzählt viel Wissenswertes über die Vogelwarte und wie eine Beringung vor sich geht. Wir dürfen anschließend durch den dicht bewachsenen Fanggarten (Bild) gehen und bekommen die einzelnen Stationen mit den Fangreusen gezeigt. Mehrmals am Tag laufen die Institutsmitarbeiter durch den Garten und scheuchen die dort sitzenden Vögel auf. Diese fliegen in die Reusen und werden zu einer Rampe geleitet, wo sie behutsam in Stoffsäckchen verfrachtet werden. Dann werden sie gewogen, vermessen und beringt. Jeder Vogel bekommt eine passende Ringgröße (Bild). Falls man einen beringten Vogel findet, wäre es wichtig, Ringnummer, Vogelart, Ort, Zeit und die Fundumstände an die Vogelwarte in Wilhelmshaven zu übermitteln (Bild). Zum Abschluss bekommt Frau Pfefferli noch einen Baumpieper (Bild) in die Hand gedrückt, den ihre Kollegen bei einem Fangdurchlauf »erbeuten« konnten. Der ist allerdings schon beringt und wird gleich im Anschluss freigelassen.
Nach dem Abendessen gehen Gudrun und ich nochmal zur Langen Anna, um Abschied zu nehmen von der schönen Vogelinsel (Bilder).
Vogeltagesliste Düne: Graugans, Weißwangengans (überfliegend), Stockente, Reiherente, Eiderente, Basstölpel (offshore), Kormoran, Wespenbussard, Teichhuhn, Austernfischer, Sandregenpfeifer, Sanderling, Alpenstrandläufer, Bruchwasserläufer, Waldwasserläufer, Silbermöwe, Seeschwalbe (unbestimmt), Hohltaube, Ringeltaube, Uferschwalbe, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Wiesenpieper, Bachstelze, Amsel, Gartengrasmücke, Dorngrasmücke, Fitis, Zilpzalp, Grauschnäpper, Elster, Dohle, Nebelkrähe, Rabenkrähe, Star, Haussperling
Oberland: Basstölpel, Kormoran, Dreizehenmöwe, Trottellumme, Tordalk, Baumpieper (Vogelwarte Fanggarten), Bachstelze, Haussperling