Donnerstag, 29. Mai 2014 (anfangs leicht bewölkt, später sonnig, 8 bis 16 Grad, Frühlingstag), Helgoland, Oberland, Unterland, Kringel, 9 bis 20 Uhr
Der Wind hat nachgelassen und zwischen den Wolken kommen schon die ersten Sonnenstrahlen durch. Ein herrlicher Tag zum Vogelbeobachten. Die Hinweise zum Schwarzbrauenalbatros haben sich im Laufe des gestrigen Tages verdichtet. Nach der ersten Meldung via Club 300 wurde er gestern um 9 Uhr und zwischen 17 und 18 Uhr mehrmals gesichtet und heute erneut um 5 und um 7 Uhr entlang der Nordklippe, der Langen Anna und der Westklippe. Gudrun hatte von dem netten Ornithologen, den wir am Montag trafen, zusätzliche Informationen per SMS erhalten. So beschließen wir, ab 9 Uhr an der Langen Anna zu sein.
Auf einer kleinen Plattform sammeln sich bereits einige Fotografen und Birder. Für unsere Spektive ist auch noch Platz und wir haben freie Sicht zur Nordklippe (Bild) und zur Langen Anna. Intensiv werden alle größeren Vögel gecheckt. Meistens sind es Basstölpel (Bild), die zuhauf an uns vorbeifliegen. Jemand weist uns auf die orange Boje hin, an der sich Gryllteisten (Bilder) aufhalten. Die beiden Alkenvögel halten sich anscheinend schon seit Monaten in der Nähe dieser Boje auf. Die Entfernungen sind sehr weit, aber man kann die schwarzen Vögel an dem weißen Fleck im Flügel bestimmen.
Um ca. 10 Uhr taucht der Schwarzbrauenalbatros plötzlich in der Nähe der Klippen auf. Wir finden ihn sofort, da er deutlich größer als alle dort vorkommenden Vögel ist. Er kommt näher, zieht seine Kreise um die Felsen. Die Gespräche verstummen, alle Beobachter sind hochkonzentriert – man hört nur das Klicken der Kameraverschlüsse. Ich versuche mit meiner kleinen Kamera zu fotografieren. Es klappt nicht. Ich gebe auf und beschließe, einfach nur zu gucken und zu genießen. Manchmal gleitet der Schwarzbrauenalbatros nur einige Meter über unsere Köpfe hinweg. Es ist faszinierend. Nach einem vielleicht 10-minütigen Aufenthalt fliegt er Richtung Meer wieder ab. Die Anspannung löst sich bei den Beobachtern. Alle sind einfach nur glücklich.
Die ersten Fotos werden angeschaut und Beobachtungen ausgetauscht. Alle hoffen auf einen weiteren Auftritt des Vogels. Wir auch. Mittlerweile strömen immer mehr Fotografen mit ihren großen Ausrüstungen auf die kleine Plattform. Die Plätze werden knapp. Ich bin schon ein bisschen genervt. Aber bald ist alles wieder gut, da der Schwarzbrauenalbatros (Bild) erneut gegen 11.30 Uhr auftaucht. Ebenso wie schon am Vormittag fliegt er ohne Scheu über unsere Köpfe hinweg. Und ich schaffe es, ein Foto zu machen. Juhuu. Ein kleines Andenken. Sein Auftritt ist leider wieder von kurzer Dauer. Aber es ist eine schöne freudige Stimmung unter den Menschen.
Wir beschließen in das Unterland (Bild) zu gehen und wollen später wieder kommen. Da gibt es eine Dorngrasmücke (Bild) und einen Haussperling (Bild) zu sehen. In Mittelland sehe ich einen Kuckuck auffliegen. Wie ein Magnet zieht mich die Nordklippe an. Mittlerweile ist es später Nachmittag und wir stehen wieder auf der Plattform östlich der Langen Anna. Einige Leute kenne ich noch vom Morgen. Um kurz nach 16 Uhr zeigt sich der Schwarzbrauenalbatros (Bilder) erneut und wir können ihn diesmal eine Stunde lang beobachten. Wieder gleitet er ruhig und gelassen über unsere Köpfe hinweg. Normalerweise hat er seine Beine beim Fliegen am Körper angelegt, aber hin und wieder streckt er sie nach vorne. Will er hier landen? Einmal landet er auf einem nahen Felsen, bleibt aber nur einige Minuten lang dort. Ein anderes Mal vertreibt ihn beim Landeanflug eine brütende Silbermöwe. Kurz legt er eine Pause auf dem Meer ein, um dann erneut zu uns zurückzukommen. Diesmal habe ich die nötige Ruhe um Fotos zu machen. Wieder ist eine wunderschöne freudige Stimmung bei allen Beobachtern zu spüren. Und bis heute kann ich es kaum fassen, dass ich soviel Glück hatte, zu dieser Zeit in Helgoland zu sein.
Das Ungewöhnliche an diesem Ereignis ist, dass Albatrosse normalerweise auf der Nordhalbkugel der Erde nicht vorkommen und wenn, dann nur als extrem seltener Ausnahmegast. Ihr Lebensraum sind die Ozeane auf der Südhalbkugel. Unter Ausnutzung kräftiger Winde können Albatrosse im Segelflug und ohne mit den Flügeln schlagen zu müssen, stundenlang knapp über dem Wasser gleiten. Diese speziellen Winde sind auf den südlichen Meeren sehr häufig. Durch Stürme können Albatrosse auf die Nordhalbkugel abgetrieben werden und es kann passieren, dass sie nicht mehr auf die Südhalbkugel zurückkehren können, da es am Äquator nahezu windstille Gebiete gibt.
Die zur Ordnung der Röhrennasen gehörenden Vögel brüten auf Inseln rund um die Antarktis. Eine der größten Brutkolonien sind die Falklandinseln mit 500.000 Brutpaare. Der Schwarzbrauenalbatros ist einer der kleinsten Albatros-Arten. Seine Flügelspannweite beträgt bis zu 2,30 Meter.
Vogeltagesliste: Stockente, Eissturmvogel, Schwarzbrauenalbatros*, Basstölpel, Kormoran, Krähenscharbe, Eiderente, Austernfischer, Silbermöwe, Heringsmöwe, Dreizehenmöwe, Gryllteiste*, Trottellumme, Tordalk, Straßentaube, Ringeltaube, Kuckuck, Mauersegler, Feldlerche, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Amsel, Dorngrasmücke, Zilpzalp, Neuntöter, Elster, Nebelkrähe, Rabenkrähe, Star, Haussperling, Buchfink
(* = meine persönliche Erstsichtung)
Tipp für weitere Fotos: Club300 Germany > Gallery Germany > Fotoarchiv; Schwarzbrauenalbatros eintippen und die tollen Fotos bewundern.