Waldrapp-Projekt in Burghausen

Samstag, 20. Juni 2015 (bedeckt, Regenschauer, wenig Sonne, 12 Grad), Burghausen, 10 bis 16.15 Uhr
Der Landesbund Vogelschutz in München (LBV) hat eine Reise zu den Waldrappen nach Burghausen organisiert. Ungefähr 30 Leute treffen sich um 8 Uhr am Zentralen Omnibusbahnhof in München. Nach knapp zwei Stunden erreichen wir die Stadt im Landkreis Altötting. Seit 2004 ist Burghausen Teil des Waldrapp-Projektes. Ein Mitarbeiter des größten europäischen Artenschutzprojektes erwartet uns und führt uns anschließend zu den Brutplätzen dieser außergewöhnlichen Vögel.
Der Waldrapp ist weltweit einer der bedrohtesten Vögel. Bis ins 17. Jahrhundert hat der zur Familie der Ibisse gehörende Zugvogel in Deutschland und Österreich gebrütet. Durch intensive Bejagung wurde er ausgerottet. Momentan leben in Marokko noch ca. 350 Individuen, in Syrien 100 und in Südspanien 50. Sie zeigen aber kein Zugverhalten mehr.
Im Rahmen eines EU-Projektes (Life+ Biodiversity) und Partnern aus Österreich, Italien und Deutschland soll der Waldrapp in Europa als Zugvogel wieder angesiedelt werden. Projektträger ist der österreichische Förderverein Waldrappteam. Neben Burghausen gibt es noch weitere Brutkolonien und Trainingscamps in Österreich und Deutschland. Mehr Infos > Webseite des Projektes.

Ab 2007 wurden in Burghausen Jungvögel von Menschen aufgezogen. Das Zugverhalten wird ihnen beigebracht, indem ihre Zieheltern in Ultraleichtflugzeugen über die Alpen in das toskanische Überwinterungsgebiet bei Orbetello fliegen und die Vögel sie begleiten. 2011 gab es den ersten Erfolg und die ersten Waldrappe kehrten zurück. Als im Jahr 2012 der erste Waldrapp, der ohne menschliche Zieheltern und ohne Leichtflugzeug-Migration aufwuchs, auf eigene Faust nach Burghausen zurückkehrte, war die Freude groß. Auch dieses Jahr wurde von Mitte August bis Anfang September eine menschliche Migration durchgeführt und man konnte mit 28 Waldrappen in der italienischen Lagune landen.
Mittlerweile lebt schon die 2. Waldrapp-Generation in Burghausen. In diesem Jahr sind es zehn Waldrappe, die in drei Nestern acht Küken aufziehen. Waldrappe sind sehr gesellige Vögel und sie schließen sich zu Kolonien zusammen. Brutplätze finden sie an Felswänden und Steilküsten. Zwischen März und Juni wird gebrütet. Die Brutzeit beträgt ca. einen Monat. Nach 45 bis 50 Tagen sind die Jungtiere flügge, bleiben aber noch längere Zeit bei den Eltern.

In Burghausen haben die schwarzen Vögel mit dem kahlen Gesicht und dem roten langen Schnabel in diesem Jahr neue Brutnischen (Bild) erhalten. An der Wehrmauer am Pulverturm, nicht weit von der Burg entfernt, sind die hölzernen Nischen an die Mauer gebaut worden. Wir können in Ruhe die Jungvögel beobachten. Einige sind schon recht groß und sehr neugierig, manche sieht man nur, wenn sie ihr Köpfchen heben. Die Jungvögel (Bilder) haben noch einen dunklen befiederten Kopf und einen schwarzen Schnabel. Mit Hilfe einer Kamera können die Projekt-Mitarbeiter auch direkt in das Nest schauen.
Vor dem Mittagessen treffen wir noch den Leiter des »Reason for Hope«-Projektes, Dr. Johannes Fritz, der uns in einem Vortrag noch viel Wissenswertes zu den Waldrappen und dem Projekt erzählt. Nach der Pause führt uns Michael Schroll, Kooperationspartner des Waldrappteams, zuerst durch die längste Burganlage der Welt. Über einige Treppen steigen wir anschließend vom Burgberg hinab zum Wöhrsee. Von dort geht es erneut zum Brutplatz der Waldrappe. Leider fängt es sehr heftig zu regnen an und manche interessante Info von Michael Schroll geht im lauten Regenprasseln unter. Als ein weiterer Projektmitarbeiter mit der Futterdose auftaucht, hört es zu regnen auf. Man merkt, dass die Vögel an Menschen gewöhnt sind. Nach und nach fliegen sie ein und picken im Gras nach den Mehlwürmern. Oder betteln den jungen Mann gleich direkt an.
Ein tolles Projekt und ich hoffe, dass »Goja«, »Jazu«, »Shorty« und Co. bald genügend Nachkommen haben, um dauerhaft überleben zu können.

Von Anfang April bis Anfang August kann man bei gutem Wetter zwischen 15.30 Uhr und 16.30 Uhr bei der Lockfütterung zusehen. An Freitagen und Samstagen stehen nachmittags Projektmitarbeiter zur Verfügung. Darüber hinaus sind auch unentgeltliche Führungen nach Vereinbarung möglich. Infos unter > Bund Naturschutz, Kreisgruppe Altötting und auf der > Website des Projektes.

Video von Dr. Johannes Fritz auf > Youtube.

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Burg in Burghausen (Landkreis Altötting), Juni 2015
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Wehrmauer am Pulverturm, links sieht man die hölzernen Brutnischen, Juni 2015
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Waldrapp-Brutnischen an der Wehrmauer am Pulverturm, Burghausen, Juni 2015
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Junge Waldrappe, Burghausen, Juni 2015
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Junge Waldrappe, Burghausen, Juni 2015
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Junger Waldrapp, Burghausen, Juni 2015
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Waldrapp, Burghausen, Juni 2015
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Waldrapp, Burghausen, Juni 2015
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Waldrapp, Burghausen, Juni 2015
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Waldrapp bei der Fütterung, Burghausen, Juni 2015
11_waldrapp_burghausen_2015-06-20_8388
Waldrapp, Burghausen, Juni 2015
12_waldrapp_fuetterung_burghausen_2015-06-20_8426
Waldrapp-Fütterung, Burghausen, Juni 2015
13_waldrapp_burghausen_2015-06-20_8442
Waldrapp, Burghausen, Juni 2015

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