Sonntag, 30. Dezember 2012 (Sonne, 12 bis 16 Grad, warmer Wintertag, etwas windig), Naturpark Albufera, Tour »Camí d’Enmig – Ses Puntes« (rot), 10 bis 17.30 Uhr
Heute will ich die lange Tour, die einen großen Teil des Nationalparks umfasst, gehen. Es sind 11,5 Kilometer, dreieinhalb Stunden Gehzeit. Ich gehe zuerst entlang des Hauptweges, der zum Infocenter führt, Nachtreiher (Bild) und Kammblässhuhn (Bild) gucken, weil sie so schön sind und es einfach Spaß macht. Ich melde mich am Informationszentrum an und los gehts. Bei Sonnenschein und fast wolkenlosem Himmel laufe ich zwischen zwei bis vier Meter hohem Schilfrohr (Bild) Richtung Westen. Der erste Beobachtungsturm (Bild) lockt mich nach oben und ich habe einen tollen Blick über das Schilfgebiet und einen Kanal zu meinen Füßen. Ich freue mich über das Schwarzkehlchen (Bilder), das ich am Schilfrand beobachten kann. Ich habe die letzten Tage schon einige gesehen und ich kann mir vorstellen, wie schön es hier im Frühjahr sein wird, wenn die Vögel singen und beginnen, ihre Nester zu bauen.
Nach einigen Kilometern Marsch durch den Schilfwald, der keine weiteren Vogelsichtungen bringt, bin ich am westlichsten Punkt der Tour angekommen und der Weg biegt nach Süden ab. Zuerst wieder Schilf entlang der Straße, aber nachdem ich eine Brücke überquert habe, öffnet sich die Landschaft. Rechts ein kleiner Kanal und Schilfflächen, links flache Tümpel mit Schlickflächen und niedrigem Gestrüpp (Bild). Auf den ersten Blick nichts los. Aber bei genauem Hinsehen entdecke ich einen Grünschenkel (Bild) und einen Dunklen Wasserläufer (Bild). Auch ein Seidenreiher (Bild) watet durch das Wasser auf der Suche nach Nahrung. Dann beobachte ich lange einen Pieper, den ich anhand des langen Schnabels und der gestrichelten Brust einordnen kann. Aber dann wird’s schwierig. Berg- oder Wiesenpieper? Ein Baumpieper kann es nicht sein, diese überwintern in Afrika. Ich schaue, blättere im Svensson, schaue wieder … die sehen im Schlichtkleid doch fast identisch aus! Ich sage jetzt mal, es ist ein Bergpieper (Bild), weil er dunkle Beine hat. Dann gibt es noch einen nicht identifizierbaren Vogel (Bild), der auf einem Stock sitzt. Eine Rohrammer? Ich sehe momentan nur noch kleine braune Vögel, die hin und her fliegen. Ist denn kein Orni da, den ich fragen kann? Einige Spaziergänger und ein paar Angler habe ich gesehen, aber auch heute am Sonntag ist nicht viel los. Im Schatten eines Baumes sitzt, nicht weit von mir, eine Limikole. Es ist ein Bruchwasserläufer (Bilder). Der hält wenigstens still und lässt sich angucken. Mittlerweile ist es richtig heiß geworden, aber die paar, im Winter natürlich blattlosen, Bäume am Wegesrand bieten keinen Schutz vor der Sonne. Ich mache Bekanntschaft mit Kühen und Eseln (Bilder), die auf dem Weg grasen und mich erwartungsvoll ansehen. Diese Tiere sowie Camargue-Pferde werden im Park gezielt eingesetzt, um offene Wasserflächen (Lagunen) zu schaffen. Ich streichle einen Esel, der schnuppert an mir herum, er verfolgt mich, ich werde ihn kaum mehr los. Vermutlich ist ihm einfach nur langweilig.
Ich habe nun etwas mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt, aber die Zeit verrinnt nur so. Diese Ecke hier ist wunderschön und ich weiß, ich komme bestimmt wieder hierher. Aber heute will ich diese Tour schaffen. So gehe ich etwas zügiger bis zur nächsten Brücke und bin nun am südlichsten Punkt der Tour angelangt. Hier verläuft der Weg eine kurze Zeit außerhalb des Parks, ein paar bewohnte Häuser stehen an der Straße. Bald geht es wieder in den Park zurück und ich stehe vor einer erst kürzlich errichteten, circa acht Meter hohen Plattform (»Amarador«; Bild). Mir scheint, dass hier auch ein tiefer See neu angelegt wurde, auf dem Kolbenenten und Schnatterenten schwimmen. Im Schilf entdecke ich einen Girlitz (Bild) und auf den Feldern jenseits des Weges eine junge Bachstelze (Bild). Ich verlaufe mich ja ganz gerne, aber das Leitsystem im Park (Bild) ist sehr gut. Die Landschaft hat sich etwas verändert, ich sehe verfallene Häuser, die noch aus der Zeit stammen, als die Menschen dieses Gebiet industriell nutzen wollten. Es gibt hier Wiesen, auf denen Kuhreiher stolzieren, einige hohe Nadelbäume und die nächste Plattform (»Ses Puntes«) lädt zum Blick auf die Schilfflächen ein. Ein großer Greifvogel zieht seine Bahnen und landet auf einem Gebüsch. Eine Rohrweihe (Bild). Und dann kommen wieder die Pieper. Etliche hüpfen über eine Gänseblümchenwiese, ein anderer trinkt Wasser aus einer Pfütze. Wieder Buch wälzen, gucken, fotografieren, damit ich später mal jemanden fragen kann. Ich meine aber, es sind Wiesenpieper (Bilder), wegen der gelben Beine (sagt der Helmut ;-)).
Vogeltagesliste: Zwergtaucher, Kormoran, Nachtreiher, Kuhreiher, Seidenreiher, Graureiher, Graugans, Brandgans, Stockente, Schnatterente, Löffelente, Krickente, Kolbenente, Reiherente, Rohrweihe, Turmfalke, Teichhuhn, Blässhuhn, Kammblässhuhn, Purpurhuhn, Kranich (4 überfliegend), Kiebitz, Bruchwasserläufer (1), Waldwasserläufer, Dunkler Wasserläufer, Grünschenkel, Bekassine, Bergpieper (vermutlich), Wiesenpieper (?), Bachstelze, Rotkehlchen, Schwarzkehlchen, Amsel, Samtkopf-Grasmücke, Zistensänger (?), Zilpzalp, Kohlmeise, Star, Haussperling, Buchfink, Girlitz, Rohrammer
Hallo Waltraud.
Wenn man deine Beobachtungen auf Mallorca so liest, bekommt man schnell Fernweh.
Ich freu mich schon auf neue Details deines Urlaubs.
Die Fotos sind echt super.
Rohrammer passt. Auch die Pieper sind natürlich richtig bestimmt.
Deine Art zu Schreiben und Berichten fasziniert und macht Lust auf Natur.
Gruß.
Helmut