Montag, 20. September 2021 (bewölkt, mittags etwas Sonne, 14 bis 17 Grad, sehr windiger Spätsommertag), Oberstinkersee, Zicklacke, Pferdekoppel, Neusiedler See, Strandbad, 10.15 bis 17 Uhr
Heute führt mich mein Weg in den Norden von Illmitz, Ziel ist der Oberstinkersee. Dort ist ein Mornellregenpfeifer gesichtet worden. Wie gestern bläst der Wind wieder recht heftig. Am »Geiselsteller« (Bild) mache ich den ersten Halt. Von Weitem sehen die hellen Bereiche in den Wiesen wie Wasserflächen aus und suggerieren, dass sich ein Stopp lohnt, um diese nach Vögeln abzusuchen. Aber es ist eine optische Täuschung, die Areale sind ausgetrocknet und sandig. Die Vegetation an den Salzlacken im Seewinkel ist etwas Besonderes. Halophyten nennt man die Pflanzen, die sich an salzige Bedingungen angepasst haben. Die beiden häufigsten Arten hier sind die Pannonische Salzaster (Bild) und der Queller (Bild).
Kiebitzregenpfeifer und Pfuhlschnepfe am Oberstinkersee
Mit Wasser gefüllte Salzlacken wären mir zwar lieber, aber das blasse Lila der Salzaster und das Dunkelrot des Quellers verleihen der Landschaft eine wunderschöne Färbung. Am Oberstinkersee (Bild) kann man sich besonders an dieser Farbenpracht erfreuen. Der See ist nicht vollkommen ausgetrocknet, in weiter Ferne zeigen sich noch einige Wasserreste. Den Mornellregenpfeifer finde ich leider nicht, doch rasten sieben Kiebitzregenpfeifer (vier auf den Bildern) im seichten Wasser. Kiebitzregenpfeifer sind im Schlicht- bzw. Jugendkleid nicht so einfach vom Goldregenpfeifer zu unterscheiden. Kennzeichnend für den Kiebitzregenpfeifer sind die schwarzen Achseln – im zweiten Bild unten gut erkennbar. Der Watvogel brütet in der hocharktischen Tundra und die meisten ziehen zur Überwinterung an den Küsten Westeuropas entlang nach Westafrika. Nur gelegentlich ist er in Europa auch im Binnenland anzutreffen. Neben den Kiebitzregenpfeifern sind noch weitere Limikolen zu sehen: Sanderlinge, Alpenstrandläufer und Sandregenpfeifer (je ein Individuum im Bild). Zur Futtersuche rennen sie eilig hin und her. Ein weiterer Hingucker ist die Pfuhlschnepfe (Bilder), die von einem Mitbeobachter entdeckt wird.
Turmfalke am Pferdestall
Der heftige Wind ist recht anstrengend und ermüdend beim Vogelgucken. So mache ich mich langsam auf den Weg zurück Richtung Illmitz. Mitten auf der Straße entdecke ich eine sehr große Raupe. Ich bringe sie in Sicherheit, damit sie nicht überfahren wird. Abends bestimmt Richard, ein Birderkollege von Wolfgang, die Schmetterlingslarve als Schwärmer-Raupe (Bild). An der Zicklacke (Bild) lege ich einen weiteren kurzen Halt ein. Auch hier blühende Wiesen und etwas Restwasser. Im angrenzenden Schilfgebiet hat ein Raubwürger (Bild) seinen Ansitz auf einem Pfosten bezogen. Um mich vor dem zunehmend nervigen Wind zu schützen, radle ich zum Pferdestall. Neben der Beobachtungshütte hat sich auf einem Strohballen eine Libelle (Bild) niedergelassen. Es könnte sich um eine Blutrote Heidelibelle handeln, aber ich bin mir nicht sicher. Von der Hütte aus hat man Sicht auf das Schilfvorgelände des Neusiedler Sees. Auch hier liegt alles trocken und eine lilafarbene Blumenpracht (Bild) erfreut mein Auge. In der Ferne sehe ich zwei Nebelkrähen (Bild), die am Boden nach Nahrung suchen. Direkt vor der Hütte hat sich ein Turmfalken-Männchen (Bild, Video auf Youtube) zuerst auf einem Ast, dann auf dem Zaun niedergelassen. Zwei der Unterscheidungsmerkmale zum Weibchen sind der graue Kopf sowie der ungebänderte graublaue Bürzel und Oberschwanz. Auch er hat es nicht so leicht mit dem Wind. Es ist aber faszinierend zu sehen, wie der Falke mithilfe des Schwanzes die Balance hält.
Limikolenrastplatz im Schilfvorgelände des Neusiedler Sees
Auf dem Weg zum Strandbad verweile ich etwas, um einen Blick in den Schilfgürtel des Neusiedler Sees zu werfen. An einigen windgeschützten Stellen rasten Enten und Limikolen. Zwei Stelzenläufer (Bild) und ein Dunkler Wasserläufer (Bild) sind recht einfach zu bestimmen. Bei einer kleinen Gruppe von schlafenden Krickenten und Kampfläufern (Bilder) fällt mir ein Vogel mit brauner Kopfzeichnung und orangefarbener oberer Brust auf. Ich mache viele Bilder, da ich ihn nicht eindeutig identifizieren kann. Habe ich vielleicht eine Rarität entdeckt? Dem ist aber leider nicht so. Später beim Abendessen hilft mir erneut Richard bei der Bestimmung. Es ist ein junger Kampfläufer.
Junge Trauerseeschwalbe am Strandbad
Den gleichen Nervenkitzel erlebe ich nur wenige Meter weiter am Strandbad. Ein kleiner Vogel, den ich nicht bestimmen kann, rastet auf den Holzpfosten. Wieder hüpft das Herz etwas höher! »Wer bist du denn?«, so frage ich mich. Doch zuerst einmal Fotos einfangen, damit ich die Bestimmung später in aller Ruhe vornehmen kann. Diesen kleinen, schlanken Vogel mit den langen, schmalen und spitzen Flügeln ordne ich vorläufig der Familie der Seeschwalben zu. Aber diese umfasst doch einige Arten und der Vogel hier ist kein adultes Individuum im Prachtkleid, das meistens leichter zu bestimmen ist. Erneut kann ich es erst am Abend klären. Es handelt sich um eine junge Trauerseeschwalbe (Bilder), die sich durch den dunklen Brustseitenfleck von einer Weißflügel-Seeschwalbe im Jugendkleid unterscheidet. Die Trauerseeschwalbe gehört zur Gattung der Sumpfseeschwalben. Sie ist ein Langstreckenzieher und die europäischen Populationen überwintern an den Küsten des tropischen Afrikas. So nah und ausgiebig konnte ich noch nie eine Trauerseeschwalbe beobachten. Ich lerne Christoph Praßler, einen jungen Mann aus München, kennen, der mit seiner Familie hier Urlaub macht. Er hat ebenfalls Fotos gemacht und ich darf einige davon veröffentlichen. Vielen Dank. Nachdem die Trauerseeschwalbe aufgeflogen ist, wende ich mich noch den anderen Vögeln zu: Auch Lachmöwen (Bilder) und Mittelmeermöwen (Bilder) haben es sich auf den Holzpfosten gemütlich gemacht.
Auf dem restlichen Heimweg nach Illmitz entdecke ich an einem Reiterhof noch vier Haubenlerchen (eine davon auf dem Bild). Ein toller und aufregender Tag heute!
Vogeltagesliste: Graugans, Stockente, Löffelente, Krickente, Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Stelzenläufer, Sandregenpfeifer, Seeregenpfeifer, Kiebitzregenpfeifer, Sanderling, Alpenstrandläufer, Zwergstrandläufer, Dunkler Wasserläufer, Pfuhlschnepfe, Kampfläufer, Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Trauerseeschwalbe, Straßentaube, Türkentaube, Haubenlerche, Rauchschwalbe, Bachstelze, Hausrotschwanz, Raubwürger, Nebelkrähe, Rabenkrähe, Star