Sonntag, 25. Mai 2014 (Sonne, ca. 15 bis 18 Grad, wenig Wind, frischer Frühlingstag), Helgoland, Oberland, Westklippe, Nordklippe, Mittelland, 7 bis 12.30 Uhr
Da es gestern an den Westklippen so schön war, habe ich heute beschlossen, sehr früh loszuziehen. Einige Felswände liegen um diese Zeit nicht im Schatten und ich kann bestimmt bessere Fotos machen. Die klare, frische Luft und das schöne Morgenlicht (Bild) gefallen mir. Der leuchtend grüne Helgoländer Klippenkohl (Wildform des Gemüsekohls) steht in voller Blüte und bedeckt große Flächen des Oberlands. Noch sind kaum Menschen unterwegs. Auf einem Felsvorsprung sehe ich eine Heringsmöwe (Bild), die ich anhand der gelben Beine und der schiefergrauen Oberseite bestimmen kann. Daneben versehen zwei Heringsmöwen (Bilder) ihr Brutgeschäft. Eine sitzt auf den Eiern und der andere Vogel sammelt trockenes Gras.
Als ich am Lummenfelsen (Bild) ankomme, empfangen mich die vielstimmigen Rufe der dort brütenden Vögel. Eine Informationstafel (Bild) gibt Auskunft zu den fünf Brutvogelarten an dieser Felsformation. Eine davon ist die Trottellumme (Bilder), die zur Familie der Alkenvögel gehört. Ein beeindruckendes Hörbeispiel der Trottellumme gibt es bei > Xeno-Canto. Trottellummen sind Meeresvögel, die nur zum Brüten an Land kommen. Und das geschieht in teilweise sehr großen Kolonien mit 100.000 Vögeln, z.B. auf der schottischen Insel Handa. Helgoland ist der einzige mitteleuropäische Brutplatz. 2013 brüteten hier 2575 Brutpaare (Quelle: Vogelwarte Helgoland). Ihr einziges Ei ist birnenförmig, was ein Herunterrollen von den schmalen Felsvorsprüngen verhindern hilft. In den folgenden Tagen habe ich nach einem Ei gesucht, aber keines gefunden. Dafür habe ich ein Trottellumen-Küken (Bild) entdeckt, dass zwischen den Beinen des Altvogels sichtbar war. Etwa Mitte Juni, wenn die noch nicht flugfähigen Küken drei Wochen alt sind, springen sie von den Felsen. Das nennt man den Lummensprung. Sie werden anschließend von einem der Elternvögel ins Meer gelockt und vom Männchen noch ca. 50 bis 70 Tage lang betreut, bis sie selbstständig sind. Auch eine Variante der Trottellumme, eine Ringellumme (Bild), habe ich inmitten der vielen Vögel ausgemacht.
Als nächstes will ich die Tordalke suchen. Am Tag zuvor habe ich bereits einen diesbezüglichen Tipp eines Vogelbeobachters bekommen. Deshalb ist es nicht so schwer, auf einem kleinen Felsvorsprung vier Tordalke (Bild) zu entdecken. Sie haben eine schwarze Oberseite, der Schnabel ist kurz und sehr kräftig. 57 Brutpaare haben 2013 auf Helgoland gebrütet (Quelle: Vogelwarte Helgoland).
Nun geht es noch auf die Suche nach dem 5. Brutvogel. Basstölpel und Dreizehenmöwe habe ich gestern schon gesehen und heute die beiden Alkenvögel. Fehlt noch der Eissturmvogel (Bilder). Er ist verhältnismäßig leicht zu finden, da er locker verteilt in kleinen Erdhöhlen in den Klippen brüten. Zunächst denke ich, dass sich eine Möwe am Schnabel verletzt hat. Aber der zweite Blick zeigt, dass der Schnabel eine röhrenförmige Nasenöffnung aufweist. Über diese scheiden die Eissturmvögel, die zur Ordnung der Röhrennasen gehören, das Salz des Meerwassers wieder aus. Die meiste Zeit verbringen diese Vögel auf dem Meer, zum Brüten suchen sie Felsinseln oder Steilküsten auf. Das Nest ist eine flache Mulde, die Paare bleiben ein Leben lang zusammen. 72 Brutpaare sind 2013 gezählt worden (Quelle: Vogelwarte Helgoland). Zur Verteidigung gegen Fressfeinde oder aggressive Artgenossen speien Eissturmvögel öligen Magensaft aus. Derlei Attacken habe ich – vielleicht mangels Feinden oder Anlass – nicht beobachten können, wohl aber wie sich die Paare gegenseitig den Kopf und den Hals kraulten. Das war schön anzusehen.
Vogelvormittagsliste: Eiderente, Eissturmvogel*, Basstölpel, Kormoran, Austernfischer, Silbermöwe, Heringsmöwe, Dreizehenmöwe, Tordalk*, Bachstelze, Amsel, Mönchsgrasmücke, Zilpzalp, Grauschnäpper, Elster, Star, Haussperling, Bluthänfling
(* = meine persönliche Erstsichtung)