Ein Sumpfrohrsänger und zwei Kraniche am Ammersee

Sonntag, 7. Juni 2020 (stark bewölkt, leichter bis mäßiger Regen, 12 Grad, »ungemütlicher« Frühlingstag), Ammersee-Südufer, 9 bis 12 Uhr

Das Carsharing-Auto ist gebucht, aber es regnet. Soll ich los oder lieber nicht? In der Hoffnung, dass der Regen im Laufe des Tages nachlässt, fahre ich trotzdem an den Ammersee. Direkt am Parkplatz in den Fischener Wiesen sehe ich eine Rohrweihe (Bild) landen. Ist es ein Weibchen oder ein Jungvogel? Ich hatte tags zuvor von den Kranichen gelesen, aber dass ich diese so schnell finden werde, freut mich sehr. In den Wiesen bei der Alten Ammer entdecke ich die zwei adulten Kraniche (Bilder). Zum ersten Mal wurden sie Ende April in diesem Gebiet gesehen und am 13. Juni zum letzten Mal. Wenn ich davon ausgehe, dass es immer die Gleichen waren, ist das eine ganz schön lange Zeit. Auf dem Herbstzug kann man Kraniche in Bayern sehen, aber Beobachtungen um diese Jahreszeit sind eher selten. In Deutschland liegen ihre Brutgebiete überwiegend im Nordosten. Mit der Eiablage wird im März bis Mitte April begonnen. Von daher gehe ich davon aus, dass die beiden Kraniche Nichtbrüter sind. »Kleine Gruppen von Nichtbrütern erkunden bisher unbesetzte Gebiete und können die erste Vorhut für Neuansiedlungen sein« steht in Wikipedia. Vielleicht hat den Kranichen das Ammersee-Gebiet gefallen und sie kommen wieder? Das wäre doch mal was.

Rohrweihe (Western Marsh Harrier), Ammersee, Juni 2020
Kraniche (Common Crane), Silberreiher (Great Egret), Ammersee, Juni 2020
Kraniche (Common Crane), Ammersee, Juni 2020

Lachmöwen attackieren Jungvogel

Bei meinem Weg zum Binnensee finde ich noch einen recht verträumten Grauschnäpper (Bild). Dass ich um diese Jahreszeit mal alleine am Binnensee (Bild) sein werde, hätte ich mir heute auch nicht vorstellen können. Es regnet immer noch. Das Geschrei der Lachmöwen, die das Floß als Brutplatz in Beschlag genommen haben, ist nicht zu überhören. Vielleicht rastet die Flussseeschwalbe (Bild) deshalb am Ufer. Ein Bruchwasserläufer (Bild) trippelt umher und sucht nach Nahrung. Auf dem Floß sind Lachmöwen-Küken (Bild) zu sehen. Mehrere Lachmöwen (Bild, Video auf Youtube) attackieren am Ufer ein größeres Küken. Dieses flüchtet dann in das Wasser, wird aber auch dort weiterhin verfolgt. Ich kann das Küken nicht bestimmen, vielleicht ist es das Junge der Mittelmeermöwe (Bild), die sich ebenfalls in der Nähe aufhält.

Grauschnäpper (Spotted Flycatcher), Ammersee, Juni 2020
Ammersee, Juni 2020
Flussseeschwalbe (Common Tern), Ammersee, Juni 2020
Bruchwasserläufer (Wood Sandpiper), Lachmöwen (Black-headed Gull), Ammersee, Juni 2020
Lachmöwen (Black-headed Gull), Ammersee, Juni 2020
Lachmöwen (Black-headed Gull) attackieren einen Jungvogel, Ammersee, Juni 2020
Flussseeschwalbe (Common Tern), Mittelmeermöwe (Yellow-legged Gull), Lachmöwe (Black-headed Gull), Ammersee, Juni 2020

Sumpfrohrsänger in Singlaune

Da die Sicht immer schlechter wird und die Regentropfen auf mich herunterprasseln, konzentriere ich mich auf die begnadeten Sänger in meiner näheren Umgebung. Der Schilfrohrsänger (Bild), erkennbar am breiten beigen Überaugenstreif, trillert aufgeregt und unermüdlich (Tonbeispiel auf xeno-canto.org). Immer wieder fliegt er kurz nach oben, schnappt nach einem Insekt und landet erneut auf den Zweigen eines Strauches. Aufgrund des Regengeräusches und der Entfernung lohnt sich eine Videoaufnahme nicht. Dafür macht mir aber der Sumpfrohrsänger (Bilder, Video auf Youtube) viel Freude. Nur wenige Meter von mir entfernt, ist auch er eifrig am Singen. Er ist ein Meister im Imitieren anderer Vögel. Sein »Gesang (oft auch nachts) ist ein durch kurze Pausen unterbrochener Schwall quirlender, gequetschter, rauer und pfeifender Laute, meist helle Tonlage und flottes Tempo, besteht fast ausschließlich aus brillanten Imitationen (oft Blaumeise, Amsel, Rauchschwalbe, Bluthänfling, Wachtel, Bienenfresser)« schreibt Lars Svensson in dem Buch »Der Kosmos Vogelführer«. In meinem Video höre ich einen Buchfink-Ruf und eine Rauchschwalbe, aber den Rest kann ich leider nicht identifizieren. Erkennen Sie noch mehr Vogelgesänge?

Von Mai bis September hält sich der Sumpfrohrsänger in Mittel- und Osteuropa auf. Im Mai beginnt auch schon das Brutgeschäft. Zwischen Stängeln von Brennnesseln oder Getreidepflanzenhalmen wird aus Gräsern und Schilfhalmen ein Nestnapf geflochten. Das Weibchen legt drei bis fünf Eier, ca. zwei Wochen lang werden diese von beiden Elternvögel bebrütet. Und nach dem Schlüpfen dauert es weitere zwei Wochen bis die Jungvögel flügge sind. Den Winter verbringt der Sumpfrohrsänger in Afrika südlich des Äquators.

Schilfrohrsänger (Sedge Warbler), Ammersee, Juni 2020
Sumpfrohrsänger (Marsh Warbler), Ammersee, Juni 2020
Sumpfrohrsänger (Marsh Warbler), Ammersee, Juni 2020
Sumpfrohrsänger (Marsh Warbler), Ammersee, Juni 2020

Der kleine »Unscheinbare« hat mir heute viel Freude bereitet. Der Regen wird immer mehr, so entscheide ich mich für’s Heimfahren. Sogar den Rauchschwalben (Bild), die am Ufer der Ammer rasten, ist es heute wohl zu nass um Insekten zu fangen.

Rauchschwalben (Barn Swallow), Ammersee, Juni 2020

Vogeltagesliste: Höckerschwan, Graugans, Rostgans, Stockente, Schnatterente, Kolbenente, Reiherente, Haubentaucher, Kormoran, Silberreiher, Graureiher, Weißstorch, Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Blässhuhn, Kranich, Flussregenpfeifer, Bruchwasserläufer, Lachmöwe, Mittelmeermöwe, Flussseeschwalbe, Ringeltaube, Kuckuck, Mauersegler, Eisvogel, Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Bachstelze, Wacholderdrossel, Amsel, Mönchsgrasmücke, Schilfrohrsänger, Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger, Gelbspötter, Fitis, Zilpzalp, Zaunkönig, Grauschnäpper, Trauerschnäpper (nicht ganz sicher), Kohlmeise, Blaumeise, Kleiber, Rabenkrähe, Star, Pirol, Feldsperling, Buchfink, Stieglitz, Grünfink, Rohrammer, Goldammer

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