Der Vogel mit dem roten Gesicht – der Stieglitz

Seit einigen Jahren habe ich einen kleinen Futterplatz auf meinem Balkon eingerichtet. Grünfinken, Kohlmeisen, Blaumeisen schauen regelmäßig vorbei. Manchmal auch ein Buchfink oder ein Buntspecht. Im begrünten Hinterhof brüten Amseln und in diesem Sommer hat auch ein Hausrotschwanz-Pärchen sein Nest hinter einem Lüftungsgitter gebaut. Rabenkrähen und Elstern sehe ich regelmäßig auf den Dächern der umliegenden Häuser. Und Ende Mai flogen drei Mauersegler ihre Runden entlang der Häuserfronten. Meine Lieblingsvögel aber sind die farbenprächtigen Stieglitze, die nun seit drei Jahren in dem baumbestandenen Hinterhof leben und hier auch brüten. Mitte Juni dieses Jahres habe ich acht erwachsene Stieglitze und drei Jungvögel gezählt. Mitte Juli besuchten zehn junge Distelfinken, wie die Stieglitze auch genannt werden, die Futtersäule – ein sehr erfolgreiches Brutjahr.
So wie andere Tierfreunde vor ihrem Aquarium sitzen und sich beim Betrachten der Fische entspannen, geht es mir mit dem Beobachten der quirligen Vögel. Schon beim Anflug auf den Balkon höre ich ihr helles, fröhliches »Stigelit«, das ihnen auch ihren Namen gab. Früher lebten die Finkenvögel überwiegend in ländlichen Gebieten. Da aber Bauernhöfe, Brachflächen, Obstbäume und artenreiche Blumenwiesen immer mehr verschwinden, zieht es sie vermehrt in städtische Siedlungen.
Sämereien aller Art sind die Hauptnahrung des Stieglitzes. Mit akrobatischem Geschick holt er sich mit seinem spitzen Schnabel die Körner aus Karden, Disteln und Kletten. Auf meinem Balkon biete ich den Vögeln Erdnusskerne, Hanfsamen und Sonnenblumenkerne an. Letztere sind die Lieblingsspeise der Stieglitze. Die Jungvögel werden mit einem Samenbrei, der im Kropf vorbereitet wird, gefüttert. Anders als andere Vögel, die zur Brutzeit ihr Revier sichern, verteidigt der Stieglitz nur sein Nest. So kommt es vor, dass sich mehrere Paare zu Brutgruppen zusammenschließen. Auch sonst leben die geselligen Vögel in Gemeinschaft und und ziehen in Schwärmen zur Futtersuche los. Männchen und Weibchen sehen auf den ersten Blick gleich aus. Nur in Kleinigkeiten unterscheiden sie sich. Ein Merkmal ist, dass das Männchen eine größere rote Gesichtsmaske aufweist, die teilweise bis zu den hinteren Ecken der Augen reicht. Beim Weibchen bedeckt die Maske nur die vordere Hälfte der Augenpartie. Anbei einige Fotos »meiner« Stieglitze, aufgenommen Ende Juni 2015. Einen Monat später habe ich die Fütterung eingestellt. Ich vermute, dass der Großteil der Vögel den Sommer im nahe gelegenen Ostfriedhof verbracht hat. Mitte September »guckte« wieder ein Stieglitz bei mir vorbei. So habe ich das Füttern erneut aufgenommen und nach und nach kamen sie alle zurück – und brachten sogar noch einige »Freunde« mit. Manchmal zählte ich um die 20 Individuen auf meinem Balkon.

Als ich diesen Artikel schreibe, ist es bereits Mitte Oktober. Nabu und LBV haben den Stieglitz zum »Vogel des Jahres 2016« gekürt. Obwohl er nicht vom Aussterben bedroht ist, soll mit seiner Wahl auf die zunehmende Intensivierung der Landschaft und die Bebauung von Brachflächen hingewiesen werden. Mehr dazu > Nabu und > LBV.

Mehr zum Stieglitz > Wikipedia. 
Älterere Balkon-Beiträge > Juli 2013,  Juni 2012, Juni 2011, Dezember 2010.

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Stieglitz-Männchen, München, Juni 2015
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Stieglitz-Weibchen, München, Juni 2015
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Stieglitz-Männchen, München, Juni 2015
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Stieglitz-Weibchen, München, Juni 2015
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Stieglitz-Männchen, München, Juni 2015
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Stieglitz, München, Juni 2015
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Stieglitz-Männchen, München, Juni 2015
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Stieglitz-Männchen, München, Juni 2015
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Junger Stieglitz, München, Juni 2015
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Junger Stieglitz, München, Juni 2015
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Junger Stieglitz, München, Juni 2015

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