Bartgeier, Gänsegeier und Mönchsgeier im Krumltal

Freitag, 8. September 2017 (sonnig, heiter, ca. 13 bis 20 Grad, schöner Sommertag), Krumltal, Nationalpark Hohe Tauern, Österreich, 9.30 bis 17 Uhr
Mit Wolfgang und Claudia, die ich vom Arbeitskreis Ornithologie des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) kenne, will ich heute nach Österreich ins Krumltal, das südlich der Ortschaft Rauris im Nationalpark Hohe Tauern liegt. In diesem kleinen Tal hat man eine große Chance, Bartgeier zu sehen. Vor ca. 30 Jahren startete hier im Nationalpark ein Wiedereinbürgerungsprojekt. Um 6.30 Uhr fahren wir mit dem Auto in München los und treffen gegen 9.15 Uhr am Parkplatz Krumltal ein, der sich in der Nähe des Almgasthofes Lechnerhäusl befindet. Der Weg (Bild) ins Krumltal ist gut beschildert und nicht zu verfehlen. Die erste halbe Stunde gehen wir durch einen Mischwald, dann weitet sich das Krumltal (Bild) und bietet einen tollen Ausblick auf die Berge. Noch ist es frisch, aber ein herrlicher sonniger Tag erwartet uns. Einige Wanderer sind schon unterwegs. Immer wieder scannen wir Himmel und Bergkämme ab. Kolkraben und Felsenschwalben zeigen sich, entlang des Baches auch Gebirgsstelzen. Wir hören das Pfeifen von Murmeltieren und entdecken auch einige. Plötzlich taucht ein Greifvogel auf, den wir auf die Schnelle aber nicht eindeutig bestimmen können. Ein Bartgeier ist es nicht, da dieser anhand seines langen keilförmigen Schwanzes gut zu erkennen wäre. Da die Lichtverhältnisse nicht ideal sind, ist es auch nicht sicher, ob es sich um einen Gänsegeier handelt. Diesen könnte man recht gut aufgrund seines kontrastreichen zweifarbigen Gefieders identifizieren. Wir machen Fotos, um den Vogel später genauer bestimmen zu können. Aber es klärt sich sehr schnell auf, denn wir treffen Roland Fricker, einen Nationalpark-Ranger, der den Vogel ebenfalls gesehen hat. Und wir erfahren, dass wir einen Mönchsgeier (Bild) gesichtet haben – den ersten, der sich in diesem Jahr hier zeigte. Na, das ist ja ein Volltreffer!

Wir wandern weiter und bald darauf entdecken wir einen Gänsegeier (Bilder). Ich habe 2013 in Mallorca (> Artikel) schon Gänsegeier gesehen, aber damals kein Foto machen können. Diesmal klappt es, obwohl es nicht so einfach ist, per Digiskoping einen fliegenden Vogel »einzufangen«. Der Gänsegeier lebt in den Bergregionen des Mittelmeerraumes, mehrheitlich – ca. 18.000 Paare – in Spanien. Um die 500 Paare brüten auf der Balkanhalbinsel. Bevorzugte Brutplätze sind Felskanten oder breite Nischen an steilen Klippen und in Schluchten, dabei werden auch Kolonien von bis zu 20 Paaren gebildet. Der Gänsegeier ist an seinen breiten Flügeln und dem langsamen Flügelschlag erkennbar. Neben dem hellen Kopf sticht die kontrastreiche hell-/dunkelbraune Färbung des Gefieders besonders hervor. Wir können wunderschön beobachten, wie er vor den Steilhängen seine Bahnen zieht.
Kurz vor unserem Ziel – der Bräualm – stoßen wir auf den erhofften Bartgeier (einer davon auf dem Bild). Bis ins 19. Jahrhundert war der größte Vogel Europas ein Bewohner der Alpen. Weil er angeblich Lämmer und selbst kleine Kinder erbeutete, wurde er gezielt bejagt und war Anfang des 20. Jahrhundert ausgerottet. Nur wenige Individuen überlebten in den Pyrenäen, auf Korsika und Kreta. Das Wiederansiedlungsprojekt in den Alpen ist eine große Chance, den Bestand zu retten. Der Bartgeier lebt im Hochgebirge in unzugänglichen, steilen Felswänden. Wie der Gänsegeier ist er ein Aasfresser, allerdings hat er sich auf Knochen und Knochenmark spezialisiert. Seine langen Flügel bringen es auf eine Spannweite von bis zu 2,90 Metern. Im Gegensatz zu Gänse- und Mönchsgeier hat er schmale, spitze Flügel und einen langen keilförmigen Schwanz. Adulte Vögel weisen einen rostorangefarbenen Kopf und eine ebensolche Unterseite auf. Eigentlich sind es weiße Federn, doch badet der Bartgeier gerne in eisenoxidhaltigem Schlamm und erhält so die rostorangene Färbung. Die Namensgebung rührt von den langen schwarzen Federn her, die wie ein Bart vom Schnabel herabhängen.
Auf der Bräualm angekommen, wird uns zusätzlich das große Glück gleich zweier Bartgeier (Bilder, Video > Youtube) zuteil. Sie sitzen lange auf einem Felsen im gegenüberliegenden Steilhang (Bild) und wir können sie ausgiebig und in aller Ruhe von der Terrasse aus beobachten. Vor uns Essen und Getränke und im Spektiv zwei Bartgeier … perfekte Beobachtungsbedingungen ;-)) Auf dem Rückweg genießen wir den Blick hinab in das schöne Krumltal (Bild). Wir treffen erneut den Ranger Roland Fricker, der uns auf eine Stelle in einer Steilwand hinweist, an der die Bartgeier oft zu sehen sind. Und dann tauchen die beiden Bartgeier (einer davon auf den Bildern) von der Alm wieder auf. Sie gleiten an den Felswänden entlang. Auch ein Steinadler lässt sich blicken und bedrängt die Bartgeier. Ein Bartgeier lässt sich im Nest eines Steinadlers nieder. Apropos Steinadler: Während der heutigen Tour hatten wir bereits einen Steinadler gesehen. Ein tolles Bild von zwei Bartgeiern und einem Steinadler (Bild) hat Claudia »geschossen«. Ein großartiger Tag – vermutlich auch mit sehr viel Glück bei den Sichtungen.

Vogeltagesliste: Mönchsgeier (1), Gänsegeier (2), Bartgeier (2), Steinadler (2), Kolkrabe (2), Mäusebussard, Haubenmeise, Tannenmeise, Gebirgsstelze, Hausrotschwanz, Eichelhäher, Felsenschwalbe, Rauchschwalbe

Infos zum Steinadler > März 2017

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Krumltal (bei Rauris), Österreich, September 2017
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Krumltal (bei Rauris), Österreich, September 2017
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Mönchsgeier (Cinereous Vulture), Krumltal, September 2017 (Foto: Claudia)
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Gänsegeier (Griffon Vulture), Krumltal, September 2017
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Gänsegeier (Griffon Vulture), Krumltal, September 2017
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017 (Foto: Claudia)
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Rastplatz der Bartgeier im Krumltal, Österreich, September 2017
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017
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Krumltal (bei Rauris), Österreich, September 2017
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017 (Foto: Claudia)
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017
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Bartgeier (Bearded Vulture), Krumltal, September 2017
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Zwei Bartgeier (Bearded Vulture), Steinadler (Golden Eagle), Krumltal, September 2017 (Foto: Claudia)

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