Neusiedler See – Tag 1: Bienenfresser, Sumpfläufer und Ziegenmelker

Samstag, 21. Mai 2016 (Anreisetag, sonnig, ca. 23 bis 26 Grad, sommerlicher Frühlingstag), Weiden (Ungerberg), 12.30 bis 14 Uhr; Zicklacke und Illmitz, 16.15 bis 17.45 Uhr
Im September 2014 war ich zum ersten Mal am Neusiedler See und bin seitdem begeistert von dem Vogelreichtum dieses Gebietes. Schon damals war klar, dass ich wiederkommen werde. Dass der zweite Besuch bereits 2016 erfolgen sollte, war ursprünglich nicht geplant, aber Bekannte aus dem Arbeitskreis Ornithologie boten mir eine Mitfahrgelegenheit ins Burgenland an. Und da konnte ich nicht Nein sagen.
So sitze ich nun inklusive Fahrrad bei Wolfgang im Auto. Um 7 Uhr ging es in München los und nach einer entspannten, staufreien Fahrt über Salzburg (A8) und an Wien (A1/A21) vorbei sind wir bereits zur Mittagszeit auf der A4 und biegen an der Ausfahrt Weiden/Gols Richtung Süden ab. Da kommt die Idee auf, kurz bei den Bienenfressern in der Nähe von Weiden am See vorbeizuschauen. Ich habe zwar von diesen Brutplätzen gehört, aber sie noch nicht besucht. Gesagt, getan. Wir biegen in die Bundesstraße 51 Richtung Weiden am See ein, suchen nach einem Kilometer einen Parkplatz und laufen den Weinberg hoch. Eingebettet in einem kleinen Wald sind die zwei Brutwände (eine davon im Bild) leicht zu finden. Auch eine kleine Beobachtungshütte (Bild) steht zur Verfügung. Für mich ist es das erste Mal, dass ich so viele Bienenfresser (Bilder) so nah beobachten kann. Um mich herum höre ich die weich rollenden »Prrüt-prrüt-prrüt«-Rufe (> xeno-canto.org) und ich komme mit dem Schauen gar nicht hinterher. Es ist ein stetiger Strom von An- und Abflug und die blattlosen Zweige bilden gut frequentierte Anlaufstellen. Erst im Mai sind die farbenprächtigen Vögel aus Afrika zurückgekehrt, um hier ihre Höhlen zu beziehen. Einige haben ihren Partner schon gefunden und sind bereits am Graben neuer Höhlen. Von Mitte Mai bis Ende Juli dauern Brutzeit und Aufzucht der Jungvögel. Durchschnittlich werden fünf bis sieben Eier gelegt.
In der Brutwand aus weichem Löss gibt es noch weitere Vögel zu sehen. Zwischen die »Prrüt-prrüt-prrüt«-Rufe mischt sich das scharfe, kurze »Kjack-kjack« der Dohlen (Bilder). Einige haben sich ihre Höhlen schon gesichert, manche liegen mit weit ausgestreckten Flügeln auf dem sandigen Boden und genehmigen sich ein Sonnenbad. Auch ein Turmfalke (Bild) fliegt einen großen Höhleneingang an und verschwindet darin.

Da wir im Laufe der Woche hier noch einmal vorbeikommen möchten, trennen wir uns von dem schönen Vogelspektakel und fahren weiter nach Illmitz. Meine Wirtin Frau Kroiss erwartet mich schon, ich beziehe mein Zimmer und dann radle ich zügig zur nahen Zicklacke (Bild). Im österreichischen Ornitho-Portal habe ich von einigen Sumpfläufern gelesen, die zur Zeit hier rasten. Die anderen drei Münchner – Markus, Gaby, Marcus ­– und auch Wolfgang sind schon vor Ort und haben den See und das Ufer bereits nach Limikolen abgesucht. So bekomme ich zwei Sumpfläufer (Bild) auch gleich präsentiert. Das kommt mir sehr entgegen, denn es wäre für mich nicht so leicht gewesen, die Sumpfläufer sicher zu bestimmen. Sie ähneln den Alpenstrandläufern und sind lediglich anhand von Feinheiten wie dem kräftigen Längsstreifen am Kopf, einem deutlich hellen Überaugenstreif und einem Schnabel, der an der Spitze abwärts geknickt ist, zu unterscheiden und zu erkennen. Insgesamt sind sie kleiner und bewegen sich langsamer als die »Alpis«. Im Jugend- und Prachtkleid zeigen sie eine kräftig gemusterte Oberseite. Ihr Brutgebiet liegt in skandinavischen Mooren und ihre Zugroute führt meistens entlang den Küsten. Deshalb sind sie im Binnenland äußerst seltene Gäste. Ich freue mich sehr über meine ersten Sumpfläufer. Auch – im Binnenland ebenfalls nicht oft zu sehende – Steinwälzer (Bild) werden mir gezeigt und von mir wie den anderen anwesenden Ornis gehörig bewundert.

Eigentlich ist der erste Tag mit den schönen Sichtungen schon wunderbar gelungen. Aber es wartet noch eine Überraschung. Ein Schweizer Ehepaar spricht uns an und fragt, ob wir einen Ziegenmelker sehen möchten. Natürlich nicken wir, schwingen uns auf unsere Räder und fahren dem Ehepaar hinterher. Ich weiß, dass in den letzten Tagen in der Nähe des Naturparkzentrums in Illmitz ein Ziegenmelker gesichtet wurde, aber ich habe mir keine allzu große Hoffnung gemacht, den perfekt getarnten Vogel zu Gesicht zu bekommen. Mit etwas Suchen finden ihn die beiden Birder aus der Schweiz wieder. Wenige Meter entfernt von der Straße hinter dem Informationszentrum sitzt der Ziegenmelker (Bilder) auf einem querliegenden Ast. Der zur Familie der Nachtschwalben gehörende Vogel ist in Mitteleuropa gar nicht so selten. Er findet im Norden und Osten Deutschlands in halboffenen Lebensräumen, meist auf sandigen Böden, Platz zum Brüten. Ganz besonders auf Truppenübungsplätzen mit ihren lichten Kiefernwäldern, Heideflächen und trockenen Waldlichtungen hält er sich gerne auf. In Bayern gibt es in Mittelfranken noch eine kleine Population. Mit seinem grau, schwarz, braun und etwas beige gemusterten Gefieder ist er perfekt an den Lebensraum am Boden angepasst. Tagsüber ruht er gerne mit geschlossenen Augen bewegungslos auf einem Ast. Nur zur Brutzeit lässt er mit einem froschähnlichen Gesang von sich hören. Und das meistens auch nur nachts. Wir sind alle total begeistert und haben auch noch das Glück, dass der Ziegenmelker plötzlich den Kopf hebt, mit dem ganzen Körper hin und her wackelt, eine Drehung vollführt und sich wieder hinsetzt. Alles wunderbar zu sehen in dem Video (> let’s bird youtube) von Gaby Glück. Ein perfekter Tag – so kann es weitergehen!

Vogeltagesliste Ungerberg, Zicklacke, Illmitz: Graugans, Brandgans, Löffelente, Kolbenente, Fasan (Rufe), Schwarzhalstaucher, Seidenreiher, Weißstorch, Rohrweihe, Mäusebussard, Turmfalke, Blässhuhn, Säbelschnäbler, Stelzenläufer, Sandregenpfeifer, Kiebitz, Steinwälzer (2), Sumpfläufer (3), Rotschenkel, Lachmöwe, Türkentaube, Kuckuck, Ziegenmelker, Bienenfresser, Mehlschwalbe, Bachstelze, Nachtigall, Hausrotschwanz, Amsel, Dorngrasmücke, Zilpzalp, Gartenbaumläufer, Dohle, Nebelkrähe, Rabenkrähe (?), Star, Feldsperling, Haussperling, Stieglitz, Grünfink, Girlitz, Goldammer

Weitere Neusiedler-See-Touren im September 2014.

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Bienenfresser-Brutwand, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
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Beobachtungshütte, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
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Bienenfresser, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
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Bienenfresser, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
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Bienenfresser, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
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Bienenenfresser gräbt Höhle, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
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Bienenfresser, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
07_bienenfresser_ungerberg_2016-05-21_7466
Bienenfresser, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
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Bienenfresser, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
09_dohle_ungerberg_2016-05-21_7170
Dohle, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
10_dohlen_sonnenbad_ungerberg_2016-05-21_7384
Dohlen, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
11_dohlen_ungerberg_2016-05-21_7450
Dohlen, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
12_turmfalke_ungerberg_2016-05-21_7295
Turmfalke, Ungerberg, Neusiedler See, Mai 2016
13_zicklacke_2016-05-21_7667
Zicklacke, Neusiedler See, Mai 2016
14_sumpflaeufer_zicklacke_2016-05-21_7714
Stelzenläufer, Sumpfläufer, Zicklacke, Neusiedler See, Mai 2016
15_steinwaelzer_zicklacke_2016-05-21_7727
Steinwälzer, Zicklacke, Neusiedler See, Mai 2016
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Ziegenmelker, Illmitz, Neusiedler See, Mai 2016
17_ziegenmelker_illmitz_2016-05-21_7776
Ziegenmelker, Illmitz, Neusiedler See, Mai 2016
18_ziegenmelker_illmitz_2016-05-21_7820
Ziegenmelker, Illmitz, Neusiedler See, Mai 2016
19_ziegenmelker_illmitz_2016-05-21_7822
Ziegenmelker, Illmitz, Neusiedler See, Mai 2016
20_ziegenmelker_illmitz_2016-05-21_7829
Ziegenmelker, Illmitz, Neusiedler See, Mai 2016

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